Zugangsvereitelung durch einen Anwalt beim Vollziehen einstweiliger Verfügungen
Inhaltsverzeichnis
Problematik: Das Vollziehen einer Einstweiligen Verfügung
In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt der Zustellung von Anwalt zu Anwalt nach § 195 ZPO besondere Bedeutung zu. Eine Unterlassungsverfügung muss nach § 929 Abs. 2 ZPO innerhalb eines Monats vollzogen werden. In der Regel erfolgt die Vollziehung durch die Zustellung im Parteibetrieb. Wenn beide Parteien durch Anwälte vertreten sind, muss die Zustellung gemäß §§ 191, 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwingend an den anderen Prozessbevollmächtigten erfolgen. Der in der Regel einfachste und schnellste Weg der Parteizustellung ist die Zustellung von Anwalt zu Anwalt nach § 195 ZPO.
Aufgrund der Entscheidung des BGH vom 26.10.2015, aaO, wurde jedoch befürchtet, dass Rechtsanwälte die Mitwirkung an zum Zwecke der Vollziehung vorgenommenen Zustellungen von Anwalt zu Anwalt verweigern. Unter Umständen könnte dies dazu führen, dass eine weitere Zustellung, insbesondere per Gerichtsvollzieher gemäß § 192 ZPO, innerhalb der einmonatigen Vollziehungsfrist nicht mehr möglich ist. Fehlt es an einer fristgerechten Vollziehung, kann allein deswegen die Aufhebung der einstweiligen Verfügung durch Widerspruch, Berufung beziehungsweise Antrag nach § 927 ZPO bewirkt werden.
Kammergericht sieht persönliche Zustellung nach Zugangsvereitelung durch einen Anwalt als zulässig an
Mit den beiden Beschlüssen vom 24.02.2017 hat das Kammergericht ( Az. 19 W 81/16 sowie Az. 19 W 82/16) einen weiteren Zustellungsweg für zulässig erachtet, nachdem der dortige Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten sich weigerte, die Zustellung der von Anwalt zu Anwalt übersendeten Unterlassungsverfügung durch Unterzeichnung und Rücksendung des Empfangsbekenntnisses zu bestätigen.
Zunächst führte das Kammergericht aus, dass aus der eingangs zitierten Entscheidung des BGH (Urteil vom 26. Oktober 2015, AnwSt (R) 4/15) allein folgt, dass ein Rechtsanwalt durch die Verweigerung der Ausstellung des Empfangsbekenntnisses im Rahmen einer Zustellung von Anwalt zu Anwalt gemäß § 195 ZPO keine ahndbare Berufspflichtverletzung begeht. Dies ändere in der Sache aber nichts daran, dass mit der weisungsgemäß unterbliebenen Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses die Zustellung der einstweiligen Verfügung vereitelt worden ist. Aus diesem Grund sah es das Kammergericht als zulässig und ausreichend an, dass die einstweilige Verfügung innerhalb der Vollziehungsfrist der Gegenseite persönlich durch den Gerichtsvollzieher zugestellt wurde.
Praxistipp bei der Zugangsvereitelung durch einen Rechtsanwalt
Die Zustellung von Anwalt von Anwalt setzt eine Mitwirkung des gegnerischen Anwalts voraus, auf die künftig nicht mehr vertraut werden kann. Im schlimmsten Fall kann die unterlassene Mitwirkung zum Versäumen von Fristen führen. Aus diesem Grund ist der Zustellung per Gerichtsvollzieher den Vorzug zu geben.