Weshalb Kreative in Kunst und rechtliche Absicherung investieren sollten
Rechtsanwalt Henning Fangmann hat dem Filmverband Sachsen ein Interview zu den Fallstricken von Verträgen für Kreative in der Filmbranche gegeben, darin thematisiert er Risiken für Regisseur:innen, Kamerafrauen und Autor:innen, die sich auf Verhandlungen ohne Rechtsberatung mit erfahrenen Produktionsfirmen einlassen sowie über strukturelle Ungleichgewichte für Kreative in der Filmbranche. Wir dokumentieren hier die wichtigsten Auszüge für Kreative, das vollständige Interview von Claudia Euen finden Sie hier.
Rechtsberatung für Filmschaffende
Mit welchen Fragen kommen Filmschaffende zu Spirit Legal?
Henning Fangmann: Oft geht es um Vertragsgestaltung. Filmschaffende oder andere Kreative bekommen einen Vertrag von einer Filmproduktion und fragen uns, kann ich das so unterschreiben? Verkaufe ich damit einen Teil meiner Rechte, die ich eigentlich gar nicht verkaufen möchte? Oder, was gibt es da für Fallstricke in den Verträgen? Für Filmproduktionsfirmen erstellen wir solche Verträge, die sie dann mit den Kreativen aushandeln. Bei den Produktionsfirmen sind steuerrechtliche Fragestellungen immer ein wichtiger Punkt, etwa, wie man eine GbR in eine GmbH umwandelt. Wir betreuen natürlich auch Streitfälle: Da geht es meistens um verletzte Urheberrechte, wie etwa, wenn ein Film oder Werk auf einer Website abrufbar ist, obwohl der Urheber gar nicht zugestimmt hat.
Rechtliche Vorsorge von Kreativen in der Filmbranche
Haben Sie das Gefühl, dass Filmschaffende gut juristisch aufgestellt und informiert sind?
Henning Fangmann: Ich kann nicht für jeden sprechen. Aber in der Praxis ist es tatsächlich so, dass die Produktionsfirmen in der Regel besser juristisch beraten sind und die besseren Verträge haben. Das liegt auch daran, dass da einfach mehr Geld ist, sich juristisch beraten zu lassen. Gerade bei kleineren Produktionen, wie Low-Budget- und Indie-Produktionen werden Verträge oftmals nur mündlich geschlossen. Oft verstehen sich die einzelnen Mitwirkenden am Film persönlich gut. Deshalb wird oft darauf verzichtet, Stoffentwicklungs- oder Produktionsverträge zu schließen – jedenfalls nicht in schriftlicher Form. Das kann einem aber natürlich später auf die Füße fallen, weil nicht dokumentiert wird, welche Rechte genau übertragen werden sollten. Und es mag zwar sein, dass man sich in dem Moment einig war. Aber ob das dann in fünf oder zehn Jahren immer noch so ist, das steht auf einem ganz anderen Blatt Papier.
Kreative investieren oft in die Kunst und nicht in die rechtliche Absicherung. Ist das ein Fehler?
Henning Fangmann: Ja – denn wer seine Vertragsbeziehungen nicht in Ordnung hält, steht, wenn es hart auf hart kommt, mit leeren Händen da. Es könnte sich da gegebenenfalls auch der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung lohnen. Man muss dann aber immer genau gucken, was die Rechtsschutzversicherung alles abdeckt. Manche decken zum Beispiel keine Rechtsberatung ab, sondern nur Rechtsstreitigkeiten. Wenn ein Störgefühl da ist, lohnt sich der Gang zum Anwalt aber eigentlich immer. Wir finden mit Filmschaffenden immer vernünftige Lösungen, um die diesbezügliche Barriere runterzusetzen und die Kosten kalkulierbar zu halten.
Angemessene Nachvergütung und Durchsetzungsprobleme
Kann sie denn rechtlich überhaupt Geld nachfordern? Immerhin hat sie ja vorher sicherlich im Vertrag das Honorar vereinbart.
Henning Fangmann: Wenn diese Auskunft erfolgt ist und ein Missverhältnis offensichtlich ist, kann sie tatsächlich eine Nachvergütung verlangen. Die rechtliche Grundlage dafür ist das Urheberrechtsgesetz. Darin heißt es nämlich, dass der Urheber Anspruch auf eine angemessene Vergütung hat. Und wenn die Vergütung, die vereinbart wurde, im Verhältnis zu den erwirtschafteten Verträgen nicht angemessen war, dann hat man gegenüber seinen Vertragspartnern den Anspruch, den Vertrag anzupassen.
Wenn das so ist, bräuchten sich ja Autor:innen keine Sorgen zu machen. Dann kriegen sie ja rückwirkend immer die angemessene Summe, oder?
Henning Fangmann: Das Problem ist, dass man sich diese Nachvergütung in der Regel aber erstreiten muss, weil die wenigsten Produktionsfirmen im Nachgang dazu bereit sind, den Vertrag noch mal anzupassen. Schon allein die Offenlegung des Gewinns ist problematisch. Von einem Privatsender wurde uns gegenüber der Anspruch etwa als Bullshit bezeichnet und gesagt, dass sie diesen aus Prinzip nicht erfüllen. Sie sagten auch, dass unsere Mandanten den Sender schon verklagen müssten, aber dass das kein Gericht mitmachen würde. Diese Auffassung ist in vielen Medienunternehmen allgegenwärtig. Denn der Anspruch steht zwar im Gesetz, aber bisher hat ihn kaum jemand geltend gemacht.