Wenn die Autocomplete-Funktion von Amazon für Ärger sorgt
Wenn die Autocomplete-Funktion von Amazon für Ärger sorgt
Versandriese darf Kunden nicht in die Irre führen
Tippt man bei Amazon einen Begriff in die Suchmaske ein, erscheinen daraufhin nach einem bestimmten Algorithmus ermittelte Wortkombinationen als Suchvorschläge. Diese Funktion ist landläufig unter dem Stichwort „Autocomplete“ bekannt und dürfte nahezu allen Internetusern geläufig sein. Dass durch diese Vorschläge Persönlichkeitsrechte verletzt werden können, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im Jahr 2013 klar (BGH, Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12).
Rechtswidrig, wenn nur Konkurrenzangebote angezeigt werden
Diese Grundsätze wendete nun das Landgericht Köln auf den geschäftlichen Verkehr an. Nach einem noch nicht rechtskräftigen Urteil (Landgericht Köln, Urteil vom 08.07.2015, Az.: 84 O 13/15) verstößt die Autocomplete-Funktion gegen Markenrecht, wenn die dadurch aufgefundenen Artikel nichts mit dem automatisch vervollständigten Suchbegriff zu tun haben.
Geklagt hatte ein Hersteller von Gesundheitsprodukten, die Firma „goFit“. Diese bietet in Deutschland unter anderem spezielle Matten an, die zur Fußreflexzonenmassage eingesetzt werden können. Dabei wurde der Vertrieb bewusst nicht über Amazon abgewickelt. Dennoch erschienen nach Eingabe von „gof“, „gofi“ oder „gofit“ in die Suchmaske auf der Homepage von Amazon Begriffe wie „gofit gesundheitsmatte“ oder „gofit fußreflexzonenmassagematte“. Folgte der Nutzer diesen Vorschlägen, wurden ihm lediglich von Konkurrenzunternehmen der Klägerin stammende Produkte angezeigt.
Hierin sah das Landgericht eine markenrechtswidrige Verletzung der geschäftlichen Bezeichnung der Firma goFit nach § 15 Abs. 2 Markengesetz. Denn für den durchschnittlichen Nutzer ist nicht erkennbar, dass nach Eingabe des durch die Autocomplete-Funktion vorgeschlagenen Suchbegriffs nicht Produkte der Klägerin erscheinen – vielmehr scheint ihm die Suche erfolgreich gewesen zu sein. Das Gericht gab Amazon daher auf, den Autocomplete-Algorithmus zu verändern.
In guter Gesellschaft – Urteil des High Court of Justice
Damit schließt sich das Landgericht Köln unter anderem der Rechtsprechung des High Court of Justice im Urteil „Lush v Amazon“ vom 10. Februar 2014 an. In einem nahezu identisch gelagerten Fall nahm ein Hersteller von Seife, dessen Produkte nicht über Amazon vertrieben wurden, den Versandriesen wegen einer Markenrechtsverletzung durch Aufnahme in die Autocomplete-Funktion erfolgreich in Anspruch. Auch hier betonten die Richter, ein Durchschnittsnutzer würde aufgrund der Vervollständigung davon ausgehen, dass die entsprechenden Produkte auch über Amazon zu beziehen seien.
Verantwortlichkeit des Website-Betreibers
Auch hinsichtlich der festgestellten Verantwortlichkeit des Unternehmens für die automatische Vervollständigung befindet sich die Richter des Landgerichts in guter Gesellschaft: Schon im Februar 2010 entschied der BGH im „Power Ball“-Urteil (Urteil vom 04.02.2010 – I ZR 51/08), dass der Betreiber einer Suchmaske für die Bereithaltung der Suchwörter uneingeschränkt verantwortlich ist und sich nicht hinter dem der Suche zugrunde liegenden Algorithmus verstecken kann.
Tipps für Onlineshop-Betreiber
Was für Amazon gilt, gilt grundsätzlich auch für jeden anderen Onlineshop.
Wenn Ihre Suchmaske über eine Autocomplete-Funktion verfügt, stellen Sie sicher, dass nach Eingabe eines Markennamens nur Produkte dieses Herstellers angezeigt werden. Keinesfalls dürfen ausschließlich Produkte der Konkurrenz des Markeninhabers angezeigt werden.
Wenn Sie keine Produkte des Markeninhabers anbieten, sollten Sie am besten keine entsprechende Autocomplete-Funktion vorhalten und/oder bei einer entsprechenden Suchanfrage darauf hinweisen, dass keine passenden Produkte gefunden wurden.
Markenrechtliche Streitigkeiten sind wegen ihrer hohen wirtschaftlichen Bedeutung immer teuer. Allein eine Abmahnung in diesem Bereich verursacht in der Regel Kosten von nicht unter EUR 1.800,00.