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Übersicht: Seit dem 28.05.2022 gelten im E-Commerce zahlreiche neue Informations- und Transparenzpflichten

Ab dem 28.05.2022 müssen Unternehmer eine Vielzahl von Änderungen im eCommerce-Bereich umsetzen. Insbesondere Betreiber von Online-Marktplätzen, aber auch allgemein Unternehmer haben nunmehr besondere Hinweis- und Transparenzpflichten zu beachten. Der deutsche Gesetzgeber reagiert damit auf neue europäische Regelungen. Mit der sogenannten „Omnibus-Richtlinie“ (RL (EU) 2019/2161) wurden gleich vier bestehende europäische Richtlinien in Bereichen des Verbraucher- und des Wettbewerbsrechts geändert. Sie zielt insbesondere darauf ab, angesichts neuer digitaler Werkzeuge das Verbraucherschutzrecht anzupassen, es zu stärken sowie mehr Transparenz zugunsten von Verbrauchern zu schaffen. Über die wichtigsten Änderungen gibt dieser Beitrag einen Überblick.

1. Neue Informationspflichten im BGB

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) werden nunmehr neue Informationspflichten verankert, die Betreiber von Online-Marktplätzen treffen, § 312k Abs. 1 BGB n. F. i. V. m. Art. 246d EGBGB. Damit sind Plattformen gemeint, in denen der Betreiber nicht oder nicht nur eigene Produkte vertreibt, sondern die auch von Dritten genutzt werden, um ihre Waren oder Dienstleistungen anzubieten.

1.1. Rankings: In welcher Reihenfolge werden Angebote angeordnet?

Künftig sind Online-Marktplatzbetreiber verpflichtet, sogenannte „Rankinginformationen“ zu veröffentlichen, wenn sie Rankings von Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalten durchführen. Dies betrifft Rankings, die dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage auf dem Online-Marktplatz die gelisteten Produkte präsentieren.

Zu veröffentlichen sind allgemeine Informationen darüber, wie die Reihenfolge des angezeigten Suchergebnisses zustande kommt. Davon umfasst sind z. B. die Hauptparameter, die ausschlaggebend dafür sind, wie das Ranking präsentiert wird und wie die einzelnen Parameter zueinander gewichtet werden. Relevante Parameter können etwa das Einstellungsdatum, die Anzahl der Angebotsabrufe oder der verkauften Produkte sein. Dabei geht es vor allem um die Parameter, die wesentlich sind und das Ranking maßgeblich beeinflussen. Über den Algorithmus selbst und die Funktionsweise des Rankingsystems ist nicht zu informieren.

Diese Informationen müssen von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sein. Dies könnte z. B. durch einen eigenen anklickbaren Link erfolgen, der auf die Informationen zum Ranking hinweist. Es bleibt abzuwarten, welche Positionierung sich in der Praxis durchsetzen wird.

1.2. Produktvergleiche: Welche Anbieter sind Teil des Vergleichs?

Weitere Pflichten knüpfen an Vergleiche von Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalten an, die Verbrauchern auf Online-Marktplätzen präsentiert werden. Bei solchen Vergleichen ist darüber zu informieren, welche Anbieter einbezogen wurden, um den Vergleich zu erstellen.

1.3. Handelt es sich um verbundene Unternehmen?

Zudem kann über das Verhältnis des Betreibers des Online-Marktplatzes und der dortigen Anbieter von Waren, Dienstleistungen bzw. digitalen Inhalten aufzuklären sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um verbundene Unternehmen im Sinne des § 15 AktG handelt. Nicht erfasst sind also Unternehmen, die nur geschäftliche Beziehungen mit dem Betreiber des Online-Marktplatzes pflegen.

1.4. Unternehmereigenschaft und Verbrauchervorschriften

Außerdem müssen Marktplatzbetreiber künftig deutlicher kennzeichnen, ob der Anbieter der Produkte als Unternehmer oder privat handelt. In welcher Eigenschaft der Anbieter tätig wird, richtet sich nach dessen eigener Erklärung gegenüber dem Betreiber. Der Betreiber hat entsprechend eine solche Erklärung einzuholen.

Daran sollen Verbraucher erkennen können, ob ihnen gegenüber dem Anbieter Verbraucherrechte zustehen oder nicht. Dem folgend ist auch darüber aufzuklären, dass Verbrauchervorschriften nicht anwendbar sind, wenn es sich bei dem konkreten Anbieter nicht um einen Unternehmer handelt.

1.5. Wer ist mein Vertragspartner und welche Rolle hat der Marktplatzbetreiber?

In Online-Markplätzen kann es für Verbraucher missverständlich sein, mit wem sie konkret einen Vertrag schließen. Dies ist nunmehr aufzuklären. Es ist darüber zu informieren, wer der tatsächliche Vertragspartner ist und welche Ansprüche konkret gegen welchen Vertragspartner bestehen. Wird der Anbieter Vertragspartner muss bspw. der Betreiber darüber aufklären, dass er (teilweise) vertragliche Pflichten des Anbieters gegenüber dem Verbraucher erfüllt bzw. wann der Anbieter sie selbst erfüllt.

1.6. Wann und wie ist zu informieren?

Die vorstehenden Informationen müssen grundsätzlich vor Abgabe der Vertragserklärung und in klarer, verständlicher und in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung gestellt werden. Es reicht nicht aus, sie schlicht in den AGB oder in sonstige allgemeine Vertragsdokumente einzubauen.

Die Informationen zum Ranking und zum Vergleich müssen dem Verbraucher zudem in einem bestimmten Bereich der Online-Benutzeroberfläche zur Verfügung gestellt werden, der von der Webseite, auf der die Angebote angezeigt werden, unmittelbar und leicht zugänglich ist. Als Orientierung hierfür kann auf die Pflicht zur Angabe von Impressen zurückgegriffen werden, wonach diese maximal zwei Klicks von der Angebotsseite entfernt sein dürfen. Ob es aber schon ausreicht, den Link zu den Informationen nur am Fußende einer Webseite einzubinden, ist derzeit noch nicht klar.


2. Kundenbewertungen und Rankings: neue Informationspflichten auch im UWG

Oben genannte Regelungen werden durch weitere Ergänzungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) flankiert. Der neue § 5b UWG zielt zum Beispiel ebenfalls darauf ab, dass die oben genannten Informationen über Rankings und die Unternehmereigenschaft erteilt werden. Dies trifft im Gegensatz zu den Regelungen im BGB aber nicht nur Betreiber von Online-Markplätzen, sondern Unternehmer im Allgemeinen. Darüber hinaus nimmt sich der Gesetzgeber aber auch Kundenbewertungen vor, die von Unternehmern zugänglich gemacht werden.

2.1. Rankings

Aus den wettbewerblichen Regelungen zu Rankings ergibt sich, dass Unternehmer generell über die Parameter von Rankings und ihre relative Gewichtung informieren müssen. Dies gilt stets, wenn sie Verbrauchern ermöglichen, nach Waren oder Dienstleistungen zu suchen, die von verschiedenen Unternehmern oder von Verbrauchern angeboten werden.

Rankingplatzierungen, die versteckte bezahlte Werbung sind oder Platzierungen, für die bezahlt worden ist, müssen offengelegt werden. Auf diese Weise sollen die Platzierungen der Angebote transparenter werden, weil diese erhebliche Auswirkungen auf geschäftliche Entscheidungen von Verbrauchern haben. Erfasst werden Vergleichsportale oder Online-Marktplätze, nicht aber reine Online-Suchmaschinen

2.2. Informationspflichten zu Kundenbewertungen

Kundenbewertungen sind ein beliebtes Mittel, um die Vorteile der eigenen Waren oder Dienstleistungen darzustellen und sie ohne Kosten durch Testimonials zu bewerben. Missbräuchlichen Bewertungen soll nun aber teilweise vorgebeugt werden.

Unternehmen haben nun darüber zu informieren, ob und wie sie sicherstellen, dass die veröffentlichten Bewertungen von Verbrauchern stammen, die die Produkte tatsächlich verwendet oder erworben haben.

Eine Pflicht, eine solche Prüfung überhaupt durchzuführen, resultiert daraus jedoch nicht. Wird keine Prüfung vorgenommen, genügt also ein entsprechender Hinweis. Wird eine Prüfung durchgeführt, sind hingegen die Prozesse offenzulegen, mit denen die Bewertungen auf ihre Echtheit überprüft werden.

An die Angabe, dass nur Verbraucher bewertet haben, die die Produkte tatsächlich verwendet oder erworben haben, stellt der Gesetzgeber künftig ausdrücklich Anforderungen. Unternehmen müssen dafür angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen ergriffen haben, um zu überprüfen, ob dies tatsächlich der Fall ist. Zudem ist es künftig ausdrücklich unzulässig, gefälschte Verbraucherbewertungen oder Empfehlungen zu übermitteln oder zu beauftragen. Dies gilt auch für die falsche Darstellung von Bewertungen in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung.

2.3. Umsetzung der Informationspflichten

Die Informationen müssen erteilt werden, bevor ein Verbraucher seine Vertragserklärung abgibt. Sie allein in den AGB zu erwähnen, reicht nicht aus. Es dürfte daher ein Hinweis im unmittelbaren Zusammenhang mit den Bewertungen bzw. dem Ranking erforderlich sein.


3. Preisangaben: mehr Transparenz bei Ermäßigungen

Auch die Preisangabenverordnung wird geändert. Neben einer grundsätzlichen Umstrukturierung sollen inhaltliche Änderungen die Transparenz von Preisangaben gegenüber Verbrauchern erhöhen.

Für Online-Marktplatzbetreiber sind insbesondere die strengeren Regelungen bei Preisermäßigungen von Waren relevant, d. h. wenn ein neuer günstigerer Preis mit einem alten Preis im Angebot gegenübergestellt wird. Künftig ist bei solchen Preisermäßigungen der vorherige Preis anzugeben, den der Händler vor der Ermäßigung über einen bestimmten Zeitraum angewendet hat. Der vorherige Preis ist der niedrigste Preis, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der Preisermäßigung hatte. Im Falle einer schrittweisen, ohne Unterbrechung ansteigenden Preisermäßigung des Gesamtpreises, reicht es aus, wenn der niedrigste Preis vor Beginn der schrittweisen Preisermäßigung gezeigt wird.

Diese Neuregelung gilt allerdings nicht für individuelle Preisermäßigungen und für Ermäßigungen bei schnell verderblichen Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit, deren Preis herabgesetzt wird, weil der Verderb oder der Ablauf der Haltbarkeit droht.


4. Widerrufsrecht: Neue Belehrungen und -formulare

Neue Regelungen im Widerrufsrecht fordern, dass die Musterwiderrufsformulare und -belehrungen angepasst werden: Fortan ist es nicht mehr verpflichtend, Faxnummern anzugeben sowie auf die Kontaktaufnahme bzw. den Widerruf per Telefax hinzuweisen. Nunmehr ist es aber verpflichtend, eine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung anzugeben.

Sollte dies nicht umgesetzt werden, verlängert sich als Konsequenz für den Verstoß gegen die Vorgaben, die Widerrufsfrist gem. § 356 Abs. 3 S. 2 BGB auf maximal ein Jahr und 14 Tage. Zudem besteht das Risiko, wegen der unzureichenden Formulare abgemahnt zu werden.

Exkurs: Widerrufsrecht bei Verträgen über digitale Inhalte und Dienstleistungen

Die Omnibus-Richtlinie hält weitere Änderungen im Widerrufsrecht bereit, die über Informationspflichten hinausgehen. Sie betreffen insbesondere Verträge über digitale Inhalte und Dienstleistungen. Dies betrifft insbesondere, wann das Widerrufsrecht erlischt.

Wann das Widerrufsrecht bei solchen Verträgen erlischt, unterscheidet sich künftig danach, ob Verbraucher einen Preis dafür an einen Unternehmer zahlen oder nicht. Muss der Verbraucher keinen Preis zahlen, erlischt das Widerrufsrecht bei Dienstleistungen, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Bei digitalen Inhalten erlischt es, wenn der Unternehmer mit der Vertragserfüllung begonnen hat.

Muss der Verbraucher einen Preis zahlen, kann Widerrufsrecht bei Dienstleistungen bereits enden, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Dafür muss der Verbraucher aber unter anderem dazu zustimmen. Bei digitalen Inhalten, für die der der Verbraucher einen Preis zahlt, kann es bereits erlöschen, wenn der Unternehmer mit der Vertragserfüllung begonnen hat. Auch dafür ist jedoch u. a. dessen Zustimmung erforderlich.

5. Fazit

Unternehmen und Online- Marktplatzbetreiber müssen sich zeitnah Gedanken darüber machen, wie sie die neuen Informationen umsetzen. Besonderes Augenmerk sollte dabei auch auf ihre Darstellung gelegt werden. Diese muss rechtskonform sein und könnte darüber hinaus auch den Verbrauchern einen echten Mehrwert bieten. Mit Blick auf den Stichtag, den 28.05.2022, an dem die Änderungen in Kraft getreten sind, ist allerdings höchste Eile geboten.

Darüber hinaus sollten Unternehmen und Online-Marktplatzbetreiber im Auge behalten, wie die Regelungen in der Rechtsprechung und Fachkreisen rezipiert werden. Denkbar ist, dass sich in der Rechtsprechung weitere Anforderungen an den Inhalt und die Darstellung der Informationen herausbilden.


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