Endlich kehrt der Sommer ein und mit ihm auch die lang ersehnte Ferienzeit. Doch nicht nur unbekannte „Normalverbraucher“ zieht es in die sonnigen Urlaubsdomizile. Auch Prominente treibt der Wunsch nach Erholung an die Strände. Dass in solchen Fällen Paparazzi nicht weit sind, ist jeden Tag aufs Neue durch die Veröffentlichung von Aufnahmen im Internet wie auch in den Zeitungen – vom Klatschblatt bis zur sogenannten Qualitätspresse – zu sehen.
Einige der Berühmtheiten wehren sich ab und an öffentlichkeitswirksam gegen den Abdruck solcher Bilder und steigern so noch ihren Bekanntheitsgrad, wie etwa eine gewisse monegassische Adelige. Aber auch Otto Normalverbraucher, der rein zufällig mit einer bekannten Persönlichkeit abgebildet wird, kann sich gegen eine solche Fotoveröffentlichung zur Wehr setzen. Diesen bis dato recht untypischen Fall hatte nun der Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden (Urt. v. 21.04.2015, VI ZR 245/14). Der BGH stellt in seinem Urteil klar, dass auch zufällig im Hintergrund abgebildeten Urlaubern ein Unterlassungsanspruch gegen die Veröffentlichung des Bildes zusteht.
Privatperson zufällig auf Promi-Schnappschuss abgebildet
Die Klägerin, die sich nur mit einem Bikini bekleidet im Hintergrund einer Fotografie eines bekannten Fußballspielers befand, wandte sich sowohl gegen die Axel Springer SE als Herausgeberin der Bild-Zeitung als auch gegen die Bild GmbH & Co. KG als Betreiberin der Website bild.de. Sowohl in der Print- als auch in der Online-Ausgabe wurde über einen Raubüberfall auf den deutschen Profifußballer und ehemaligen Nationalspieler in El Arenal auf Mallorca berichtet. Darin hieß es unter anderem „Gestern sahen wir A. in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat“.
Dem Artikel beigefügt war ein Foto, das mit „Strohhut, dunkle Sonnenbrille: A. am Strand von El Arenal. Vorbildlich entsorgt er seinen Abfall“ unterschrieben war. Dieses zeigt A. im Vordergrund, der einen Eimer in eine Mülltonne entleert. Im Hintergrund sind mehrere Personen auf Strandliegen zu sehen, unter anderem unmittelbar hinter A. die leichtbekleidete Klägerin. Diese hat dem Betrachter ihr Gesicht zugewandt und war damit erkennbar. Die Klägerin klagte auf Unterlassung und eine angemessene Geldentschädigung.
Der BGH urteilte, dass der Klägerin ein Unterlassungsanspruch, aber kein Anspruch auf eine Entschädigung zusteht.
An Einwilligungserfordernis bei Fotoaufnahmen ist festzuhalten
Die Klägerin machte geltend, dass sie keine Einwilligung in die Abbildung ihrer Person auf dem veröffentlichten Foto erteilte. Diese ist grundsätzlich allerdings nach § 22 Kunsturhebergesetz (KUG) für die zulässige Verbreitung und Veröffentlichung derartiger Aufnahmen notwendig. Werden Fotos dennoch – ohne entsprechende Einwilligung und auch ohne unter einen gesetzlichen Ausnahmetatbestand zu fallen – veröffentlicht, stellt dies eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Eine Ausnahme nach § 23 KUG kam im Fall der Klägerin auch nicht in Betracht, da das Bild nicht dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist.
Maßgeblich für diese Zuordnung ist die Frage danach, ob die Veröffentlichung des Fotos Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse am zeitgeschichtlichen Geschehen berührt, wobei auch unterhaltende Beiträge nicht ausgeschlossen sind. Das Bild steht jedoch in keinem Zusammenhang mit dem als Ereignis der Zeitgeschichte zu qualifizierenden Überfall auf den bekannten Sportler. Die Klägerin war rein zufällig am Strand, ohne dass eine Verknüpfung zu der Straftat besteht.
Die Richter stellen zudem klar, dass auch in dem Fall, in dem unbekannte Personen rein zufällig auf einem Bild eines zeitgeschichtlichen Ereignis abgebildet werden, eine Abwägung zwischen dem Informationswert des Bildes für die Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen zu erfolgen hat. Dies gilt umso mehr, da nach der Rechtsprechung des BGH eine solche Abwägung auch bei der Abbildung von Begleitpersonen Prominenter notwendig ist. Es wäre daher widersinnig, diese mehr zu schützen als zufällig präsente Personen.
Weiterhin ist die Klägerin auch nicht als „Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstiger Örtlichkeit“ nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG zu bewerten. Die Abbildung bezog sich vordergründig auf die Präsentation des Fußballers A. und nicht auf die Darstellung einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit. Das „Strandleben“ an sich ist nicht prägender Teil des Bildes.
Darüber hinaus steht einer Veröffentlichung auch ein berechtigtes Interesse der Klägerin entgegen, weil aufgrund der Gesamtbetrachtung des Fotos samt Begleittextes bei einem Teil der Leserschaft der Eindruck entstehen könnte, die Klägerin stelle die „pikante Damenbegleitung“ des Sportlers dar.
Den Beklagten wäre es nach Auffassung des Gerichts auch möglich und zumutbar gewesen, die Klägerin zu pixeln oder anderweitig unkenntlich zu machen. Dies hätte die Aussagekraft des Berichts in keiner Weise beeinträchtigt.
Entschädigung nur bei schwerwiegenden Eingriffen in Persönlichkeitsrechte
Allerdings sprach das Gericht der Klägerin einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen der unfreiwilligen Abbildung nicht zu. Denn die Voraussetzungen für einen solchen, richterrechtlich anerkannten Anspruch sind von der Rechtsprechung sehr eng gefasst: Es muss ein schwerwiegender Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht vorliegen, dem nicht in anderer Weise befriedigend abgeholfen werden kann. Für einen solchen Eingriff gibt es aber vorliegend keine Anhaltspunkte, so die Richter.
Der BGH betont mit dieser Entscheidung, dass auch für zufällig anwesende und im Hintergrund erkennbare Personen §§ 22, 23 KUG einschlägig sind. Betreiber von Websites sollten daher ihre Seite daraufhin überprüfen, ob sich auch auf dieser Bilder mit erkennbaren Personen befinden. Sofern keine Einwilligung der Personen vorliegt und die Veröffentlichung auch nicht unter die Ausnahmen von § 23 Abs. 1 KUG fällt, sollten zumindest die Gesichtszüge unkenntlich gemacht werden, um Unterlassungsansprüche zu verhindern.