Wem gehört deutsches Vermögen einer in England erloschenen Limited?
So schnell wie eine Limited in England gegründet ist, genauso schnell verschwindet sie oftmals. Wird der Annual Return, die obligatorische „Jahresmeldung“ trotz wiederholter Aufforderung nicht durchgeführt, wird die Limited von Amts wegen gelöscht und gilt als aufgelöst. In England vorhandenes Vermögen fällt automatisch der Krone zu:
Companies Act 2006 – Section 1012 Property of dissolved company to be bona vacantia
(1) When a company is dissolved, all property and rights whatsoever vested in or held on trust for the company immediately before its dissolution (including leasehold property, but not including property held by the company on trust for another person) are deemed to be bona vacantia and— (a) accordingly belong to the Crown, or to the Duchy of Lancaster or to the Duke of Cornwall for the time being (as the case may be), and (b) vest and may be dealt with in the same manner as other bona vacantia accruing to the Crown, to the Duchy of Lancaster or to the Duke of Cornwall. (2) Subsection (1) has effect subject to the possible restoration of the company to the register under Chapter 3 (see section 1034).
Doch welche Auswirkungen hat die Auflösung einer englischen Limited, wenn in Deutschland noch Vermögen, zum Beispiel in Form von Forderungen, vorhanden ist?
Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 11.04.2014, Az. 12 U 142/13 im Einklang mit der herrschenden Auffassung entschieden, dass der einzige Gesellschafter einer im englischen Handelsregister gelöschten Limited persönlich deren Rechtsnachfolger und Inhaber der in Deutschland begründeten Forderungen wird.
Rest- oder Spaltgesellschaft
Eine im Gründungsstaat (hier: England) erloschene Gesellschaft besteht als sogenannte Rest- oder Spaltgesellschaft weiter fort, solange sie in Deutschland Vermögen besitzt, das ansonsten keinem anderen Rechtsträger zugeordnet werden kann. Diese Rest- oder Spaltgesellschaft unterliegt grundsätzlich deutschem Recht. Sie besteht in der Gesellschaftsform fort, die mit der bisherigen Gesellschaft vergleichbar ist, in der Regel deshalb als GbR oder oHG. Die Gesellschaft besteht solange fort, bis das in Deutschland belegene Vermögen vollständig liquidiert wurde; bei bestehenden Forderungen somit bis zur vollständigen Erfüllung durch den Schuldner.
Risiko für Alleingesellschafter
Wenn die Limited nur aus einem einzigen Gesellschafter bestand, wird die Gesellschaft als Einzelunternehmen fortgeführt, weil das deutsche Gesellschaftsrecht keine Personengesellschaft mit nur einem Gesellschafter zulässt.
Im Umkehrschluss gilt dies auch dann, wenn die Limited als Schuldner verschwindet. Der Gläubiger hat die Möglichkeit, gegen den Rechtsnachfolger der Limited vorzugehen. Befindet sich dieser im deutschen Inland, ist die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche sogar noch unkomplizierter als während des Bestehens der Limited, wenn die Entscheidung in England hätte zugestellt und vollstreckt werden müssen.
Wir empfehlen:
Die jährlichen Fristen zum Annual Return sind unbedingt einzuhalten. Da das Companies House nicht für alle Gesellschaftsformen die elektronische Einreichung zulässt und der Postweg einige Zeit in Anspruch nehmen kann, sollte der Annual Return nicht erst am letzten Tag eingereicht werden.
Zur Vermeidung von persönlichen Haftungsrisiken sollten Alleingesellschafter stets auf die fristgemäße Einreichung des Annual Return achten und gegebenenfalls durch zusätzliche Vereinbarungen mit Vertragspartnern absichern, dass die persönliche Haftung im Falle der Liquidation/Auflösung der Gesellschaft ausgeschlossen wird.