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Pressemitteilung: EuGH etabliert Reinheitsgebot für Eierlikör

Fotomaterial von Unsplash und Wikimedia (Sebastian Koppehel, CC BY 4.0)

 

Ob für einen Eierlikör 41 Eier verwendet werden spielt keine Rolle, die Nr. 41 des Anhangs der Spirituosenverordnung wird vom Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Streits zwischen zwei ost-deutschen Likörherstellern aber so ausgelegt, dass Milch oder Sahne keine Zutaten für Eierlikör sein dürfen. Erlaubt sind demzufolge als Zutaten für Eierlikör ausschließlich Alkohol, Eigelb, Eiweiß, Zucker, Honig und ggf. Aromastoffe. Wenn jedoch Milch oder Sahne für den Likör verwendet werden, muss die Spirituose anders als Eierlikör benannt werden. Das Landgericht Hamburg hatte die europäischen Richter in einem Vorabentscheidungsverfahren um eine Bewertung gebeten und wird darüber voraussichtlich 2019 abschließend entscheiden.

 

Pressemitteilung: EuGH etabliert Reinheitsgebot für Eierlikör – Milch soll außen vor bleiben

Eine Spirituose, die andere bzw. weitere als die in Nr. 41 des Anhangs II der EU-Verordnung Nr. 110/2008 („Spirituosenverordnung“) genannten Eierlikör-Bestandteile enthält, darf die Verkehrsbezeichnung "Eierlikör" nicht tragen. Der EuGH legt damit die genannte Vorschrift als abschließend aus und erteilt der Auffassung, es handele sich bei den in Nr. 41 genannten Eierlikör-Zutaten lediglich um Basis- bzw. Mindestbestandteile, eine Absage.

Sowohl die brandenburgische Klägerin als auch die Beklagte aus Sachsen-Anhalt produzieren Spirituosen, zu deren Bestandteilen unter anderem Eier und Milch bzw. Milchbestandteile gehören.

Die Klägerin bringt ihre Liköre ausschließlich unter der geschützten Bezeichnung „Scharfes Gelb“ online und stationär in den Verkehr, da sie berücksichtigt, dass Milch bzw. Milchbestandteile keine Zutaten von „Eierlikör“ sind, die in Nr. 41 des Anhangs II der Spirituosenverordnung genannt werden. Die Beklagte bringt ihre Liköre unter der Bezeichnung „Eierlikör“ in den Verkehr. Die Verwendung der Verkehrsbezeichnung „Eierlikör“ für die Produkte der Beklagten beanstandet die Klägerin vor dem Landgericht Hamburg.

Das Landgericht Hamburg legte dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV die Frage vor, ob Nr. 41 des Anhangs II der Spirituosenverordnung so auszulegen ist, dass eine Spirituose nur dann die Verkehrsbezeichnung "Eierlikör" tragen darf, wenn sie keine anderen als die in der Spirituosenverordnung genannten Bestandteile enthält, das sind im Fall des „Eierlikör“ die Zutaten Alkohol, Eigelb und Eiweiß, Zucker oder Honig sowie gegebenenfalls Aromastoffe oder -extrakte.

Nach Ansicht der Klägerin ist die Begriffsbestimmung in Nr. 41 des Anhangs II der Spirituosenverordnung im Sinne einer Produktdefinition abschließend zu verstehen. Die Beklagte hingegen ist der Ansicht, dass in Nr. 41 lediglich die Mindestbestandteile aufgezählt werden, sodass trotz des Hinzusetzens von Milch weiterhin die Bezeichnung „Eierlikör“ für das Produkt verwendet werden darf.

Der EuGH hat entschieden, dass Nr. 41 des Anhangs II der Spirituosenverordnung dahingehend auszulegen sei, dass eine Spirituose nur dann die Verkehrsbezeichnung "Eierlikör" führen dürfe, wenn sie keine anderen als die in dieser Bestimmung genannten Bestandteile enthalte, und damit abschließend zu verstehen ist. 

Der EuGH führt zur Stellenordnung der Begriffsbestimmungen im Rahmen der Spirituosenverordnung und zur Zutat „Milch“ des Weiteren aus:

„[…] Gerade die Begriffsbestimmungen in Anhang 11 der Verordnung Nr. 110/2008 stellen aber besondere Maßnahmen für die Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen im Sinne der vorstehenden Randnummer dar. Da diese Begriffsbestimmungen somit das Herzstück der mit der Verordnung geschaffenen Regelung bilden und da ihre Genauigkeit dem ebenfalls in der vorstehenden Randnummer genannten Ziel dienen soll, einem Missbrauch des Namens von Spirituosen entgegenzuwirken, sind sie eng auszulegen, denn sonst würde die genannte Regelung untergraben. Unter diesen Umständen kann die Möglichkeit, den in diesen Begriffsbestimmungen aufgeführten Bestandteilen weitere hinzuzufügen, nur bestehen, wenn sie darin ausdrücklich vorgesehen ist. Dies ist bei Nr. 41 des Anhangs 11der Verordnung Nr. 110/2008 nicht der Fall; dort wird die Möglichkeit, andere als die in Nr. 41 Buchst. a des Anhangs genannten Bestandteile hinzuzufügen, nicht erwähnt. Außer diesen Bestandteilen ist vielmehr ausschließlich die Verwendung bestimmter Aromastoffe und Aromaextrakte ausdrücklich vorgesehen, und zwar unter den in Nr. 41 Buchst. C des Anhangs genannten Voraussetzungen. Milch kann jedoch nicht als Aromastoff" oder Aromaextrakt" eingestuft werden. […]“

Der EuGH begründet seine Entscheidung insbesondere damit, dass bei einer anderen Auslegung der Spirituosenverordnung die Gefahr bestünde, dass die im zweiten Erwägungsgrund der Spirituosenverordnung genannten Ziele beeinträchtigt werden. Namentlich sind das die Gewährung eines hohen Grades an Verbraucherschutz, die Verhinderung betrügerischer Praktiken, die Verwirklichung von Markttransparenz und fairem Wettbewerb sowie der Schutz des guten Rufs, den Spirituosen aus der Europäischen Union genießen.

„Die Entscheidung des EuGH ist aus unserer Sicht gut nachvollziehbar begründet und schafft nach einem jahrelangen Ringen endlich faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen, die weit über den stationären Handel in Deutschland hinausgehen und auch für die großen Handelsketten hoffentlich eine Signalwirkung haben. Wir freuen uns, dass der EuGH diese Grundsatzfrage noch rechtzeitig vor dem Beginn des Weihnachtsgeschäfts geklärt hat und sehen uns in unserer seit Jahren stetig weiterentwickelten Strategie zur Kennzeichnung und Bewerbung von ScharfesGelb bestätigt und gestärkt.“

sagt Heiko Tänzer, Geschäftsführer der Klägerin.

In der praktischen Konsequenz werden (nicht rein private) Hersteller und Vertreiber von Eierlikör ihre Produktzusammensetzungen bzw. zumindest ihre Label und Werbeaussagen überprüfen und ggf. umgestalten müssen.

"Dieses Urteil schafft innerhalb der Europäischen Union mehr Klarheit und Transparenz – sowohl für die Hersteller und Vertreiber als auch für die Konsumenten von Spirituosen. Konsumenten erhalten damit garantiert mehr Sicherheit und Transparenz im Hinblick auf die Zutaten bzw. den Inhalt der Spirituosen, die sie erwerben und konsumieren. Ein Verzeichnis auf den Produkten, das die Konsumenten über die enthaltenen Zutaten aufklärt, ist im Hinblick auf Spirituosen wie Eierlikör nicht verpflichtend vorgesehen. Die Hersteller und Vertreiber von Spirituosen wie Eierlikör können ihr Produkte und/oder Label entsprechend rechtskonform gestalten, ohne dass sie auf der nationalen Ebene oder auch länderübergreifend unterschiedliche Rechtsauslegungen von Behörden oder Ämtern befürchten müssen, die in der Folge dann den direkten Wettbewerb unter Mitbewerbern verzerren können."

begrüßt Rechtsanwältin Katrin Krietsch, bei SPIRIT LEGAL LLP seit 2014 u.a. im Verbraucherschutz-, Wettbewerbs- und Lebensmittelrecht tätig, die Entscheidung des EuGH.

Die Klägerin wird in dem Verfahren von SPIRIT LEGAL LLP Rechtsanwälte vertreten.

Urteil des EuGH vom 25.10.2018 im Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, ein-gereicht vom Landgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 27. Juni 2017, Az: C-462/17, demnächst in der Urteilsdatenbank des EuGH öffentlich einsehbar.

Für die Artikelmontage haben wir Bildmaterial von Unsplash und Wikimedia (Sebastian Koppehel, CC BY 4.0) genutzt.

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