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Plötzlich Parteisympathisant: Fotos im modernen Meinungskampf

Bilder für politische Werbung: Datenschutzrecht, Persönlichkeitsrecht und Urheberrecht sind zu berücksichtigen
Bild: Unsplash / Nadja Eckart-Vogel / Montage Spirit Legal

Bilder für politische Werbung: Datenschutzrecht, Persönlichkeitsrecht, Urheberrecht – Politische Parteien können sich einer Vielzahl von Ansprüchen ausgesetzt sehen, wenn sie Fotos verwenden, ohne die Rechte hinreichend geklärt zu haben. Beim Bespielen der Social-Media-Kanäle im Superwahljahr 2021, kann man als Partei schnell die Grenzen des Zulässigen überschreiten.

Social-Media-Auftritten politischer Parteien kommen kaum ohne visuelle Unterstützung aus. Oftmals werden die zu transportierenden Inhalte direkt in ein „Sharepic“ eingefügt. Dabei folgen die Parteien den Regeln klassischer Werbung: Bilder transportieren Emotionen, fördern Verbundenheit und schaffen Überzeugungen. Zudem erhöhen sie die Wahrnehmbarkeit der Botschaft in der Flut miteinander konkurrierender Informationen.

Datenschutz­rechtliche Entscheidung des OVG Lüneburg zu Personenfotos

Die ungeprüfte oder leichtfertige Nutzung von Fotos ist aber oft nicht ungefährlich: Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestätigte zuletzt eine datenschutzrechtliche Verwarnung, die anlässlich der Veröffentlichung eines Personenfotos auf der Facebook-Seite einer politischen Partei ausgesprochen worden war (Beschl. v. 19.1.2021, Az. 11 LA 16/20). Personen zu zeigen, sei nicht erforderlich, wenn die Veröffentlichungsziele auch durch anonymisierte Bilder erreicht werden können. Das VG Hannover nahm in der Vorinstanz zudem an, dass unfreiwillig eine politische Nähe der abgebildeten Person zur Partei suggeriert worden sei (Az. 10 A 820/19).

Stockfotos für politische Werbung: kosten-, aber nicht rechtsfrei

An letzterem stoßen sich regelmäßig auch Urheber. „Wir empfinden es aber als unanständig und unkorrekt, dass unsere Musik auf politischen Wahlkampfveranstaltungen läuft“, erklärte die BandDie Toten Hosen“.

Doch woher passende Bilder nehmen? Stockfoto-Datenbanken ermöglichen Fotografen, ihre Bilder Dritten zur Lizenzierung anzubieten, sei es zum Kauf oder kostenfrei im Rahmen einer sogenannten Creative-Commons-Lizenz. Der Aufwand, Bilder zu erlangen, die die inhaltliche Aussage optisch unterstützen, ist entsprechend gering.

Umso wichtiger ist es, darauf zu achten, welcher Rechteumfang angeboten wird. Die Datenbanken ermöglichen den Urhebern nämlich, verschiedene Lizenzbedingungen auszuwählen. Üblich ist, eine bestimmte Urhebernennung vorzuschreiben oder die kommerzielle Nutzung zu untersagen. Die einzelnen Bestimmungen treffen aber auch speziellere Regelungen. Die Bilddatenbank „Pixabay“ nimmt zum Beispiel Suggestivwerbung aus und legt fest:

Die Pixabay-Lizenz gestattet nicht: […] die Suggestion, dass abgebildete Personen, Marken, Organisationen, etc. bestimmte Produkte oder Dienstleistungen befürworten oder billigen, es sei denn es wurde eine Genehmigung dazu erteilt.

Achtung bei Fotos mit Personen im Wahlkampf

Neben die vertraglichen Aspekte treten persönlichkeits- und datenschutzrechtliche, wenn auf Fotos Personen abgebildet sind. Bilddatendanken stellen oft nicht sicher, dass der Uploader die erforderliche Einwilligung der abgebildeten Personen für eine werbliche oder die parteipolitische Nutzung eingeholt hat.

Auch bei anderen beliebten Fotoquellen kann nicht davon ausgegangen werden, dass abgebildete Personen mit der Veröffentlichung durch die Partei einverstanden sind. Das gilt zum Beispiel für Fotos, die auf öffentlichen Veranstaltungen, wie im Rahmen des Wahlkampfes oder anlässlich aktueller Ereignisse, geschossen werden. Besonders relevant ist, dass Art. 9 Abs. 1 DSGVO untersagt, Daten zu verarbeiten, aus denen die politische Meinung des Abgebildeten hervorgeht.

Keine gesetzliche Ausnahme für Parteien bei Foto-Veröffentlichungen

Parteien eilen bei Foto-Veröffentlichungen keine besonderen gesetzlichen Erlaubnisvorschriften zur Hilfe. Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO erlaubt zwar, dass Personenfotos veröffentlicht werden, um die berechtigten Interessen einer Partei zu wahren. Solche Interessen haben Parteien auch in gewissem Maße, weil sie im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Aufgabe an der politischen Willensbildung mitwirken und dafür unter anderem ihre Online-Präsenzen nutzen.

Die Foto-Veröffentlichung muss aber gerade für die Zwecke auch erforderlich sein. Parteien müssen sich insoweit genau überlegen, ob sie ihr Werbeziel auch dann erreichen können, wenn sie ihre Fotos anonymisiert veröffentlichen. Sie sollten sich daher immer wieder aufs Neue die Frage stellen, ob es gerade darauf ankommt, dass die abgebildeten Personen in dem konkreten Kontext zur politischen Tätigkeit der Partei erkennbar sind. Ist das nicht der Fall, sollten sie Personen unkenntlich machen. Die jeweiligen Personen könnten z.B. verpixelt werden, um das Bild dennoch zeigen zu können.

Schützenswerte Interessen der Abgebildeten in Sozialen Medien

Hinzu kommt, dass in eine solche Interessenabwägung nicht nur die Interessen der Partei, sondern selbstverständlich auch die der abgebildeten Personen einbezogen werden müssen. Diese Interessen der Abgebildeten könnten im Einzelfall einer Veröffentlichung durch eine Partei entgegenstehen.

Diese Interessen des Einzelnen wiegen umso schwerer, wenn das Foto ohne Kenntnis der abgebildeten Person erstellt wurde. Auf einer öffentlichen Veranstaltung müssen Personen beispielsweise nicht ohne weiteres damit rechnen, dass sie fotografiert werden. Umso weniger müssen sie damit rechnen, dass diese Daten zu Werbezwecken im Internet landen.

Hinzu kommt, dass die Veröffentlichung im Internet bzw. in Sozialen Medien unweigerlich mit Risiken für die Abgebildeten verbunden ist. Nach Ansicht des OVG Lüneburg treffen dort erhebliche Missbrauchsmöglichkeiten mit einer potentiell großen Reichweite von Posts zusammen. Einmal hochgeladen, könnten Daten leicht von Dritten weiterverwendet werden. Das erschwere die Kontrolle über die Daten und könne es nahezu unmöglich machen, durchzusetzen, dass die Daten vollständig gelöscht werden.

Parteien sind keine Presse und genießen kein Medienprivileg

Diskutieren ließe sich allenfalls noch darüber, ob nicht auch Parteien bei ihrer Berichterstattung sich auf das sog. „datenschutzrechtliche Medienprivileg“ berufen können. Dies hätte zur Folge, dass die datenschutzrechtlichen Vorschriften auf ein Mindestmaß reduziert wären. Dafür müsste die Datenverarbeitung aber ausschließlich zu journalistischen Zwecken stattfinden. Solche Zwecke liegen vor, wenn die Verarbeitung im Zusammenhang mit der journalistisch-redaktionellen und damit meinungsrelevanten Tätigkeit eines Medienakteurs steht (vgl. OVG Lüneburg, Az. 11 LA 16/20).

Parteien führen jedoch in der Regel keine journalistischen Tätigkeiten aus. Dies bestätigte auch das OVG Lüneburg: Veröffentlichen sie im Internet bzw. den Sozialen Medien, dient das in erster Linie nicht journalistischen Zwecken, sondern soll auf ihre parteipolitischen Aktivitäten und ihre Erfolge aufmerksam machen.

Ist eine Beeinträchtigung des Werkes durch Nutzung im politischen Kontext möglich?

Zusätzlich – und das gilt unabhängig davon, ob Personen abgebildet sind oder nicht – sind bei der Verwendung von Fotos durch Parteien immer auch die Rechte des Fotografen zu beachten. Werden die Bilder nämlich dafür benutzt, für eine Partei oder deren Inhalte zu werben, kann das seine urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen beeinträchtigen.

Für das Abspielen von Musikwerken der Band „Die Höhner“ durch die NPD nahm der BGH (Az. I ZR 147/16) dies an. Die Nutzung der Höhner-Musik durch die NPD gefährdete die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen der Urheber (§ 14 UrhG). Eine solche Gefährdung wird regelmäßig ermittelt, indem die Interessen der Beteiligten abgewogen werden. Insoweit ist nicht notwendig, dass ein Werk an sich verändert wird. Schon allein die spezifische Art der Werkwiedergabe und Werknutzung, beispielsweise bei Wahlkampfveranstaltungen, kann ausreichen.

In dieser Abwägung entschied das BVerfG für die „Höhner“. Das BVerfG habe die Partei als verfassungsfeindlich eingestuft. Zusätzlich habe sich die Band öffentlich gegen die Partei ausgesprochen. Die Partei sei zudem nicht auf die Nutzung gerade dieser Lieder angewiesen und ohnehin fiele die in Rede stehende Nutzung nicht unter die durch die GEMA eingeräumten Wiedergabeformen. Die Bandmitglieder als Urheber hatten daher die Möglichkeit, die weitere Wiedergabe ihrer Lieder zu verbieten.

Ähnliches gilt für Fotos. Auch hier kann ihre politische Nutzung, insbesondere im Zusammenhang mit dem Wahlkampf, geeignet sein, die Interessen des Urhebers zu beeinträchtigen. Die politische Überzeugung ist ein Bereich, in dem es jedem Einzelnen selbst überlassen werden muss, wie er sich positioniert. Davon ausgehend ist zwar in der Interessensabwägung immer zu berücksichtigen, wie genau – insbesondere wie öffentlichkeitswirksam – die Partei ein Foto benutzt hat. Kommt es hierbei aber zu einer unfreiwilligen Identifizierung des Urhebers mit den politischen Inhalten der Partei, spricht sehr viel dafür, dass die Foto-Verwendung unzulässig ist.

Daher besteht ein gewisses Risiko immer dann, wenn kein ausdrückliches Einverständnis des Fotografen in eine politische Nutzung vorliegt bzw. die Bilddatenbank nicht ausdrücklich einräumt, dass die politische Nutzung gestattet wird.

Unberechtigte Nutzung… auch nach dem Tod des Urhebers

Überwiegen die Interessen des Urhebers kann die jeweilige Nutzung untersagt werden und es kommen Schadensersatzansprüche in Betracht. Im Einzelnen kann die politische Partei zu umfangreichem Tätigwerden verpflichten. Ein Fall aus Leipzig, in dem Spirit Legal die einstweilige Verfügung erwirkte, verdeutlicht dies anschaulich:

Dort hatte die AfD im Vorfeld der Europa- und Stadtratswahlen 2019 für ihre Wahlplakate ein Foto aus der Wendezeit im Herbst 1989 verwendet. Dies wollten die Erben des Fotografen wegen dessen politischer Einstellung nicht hinnehmen. Sie beriefen sich auf das Urheberpersönlichkeitsrecht des verstorbenen Fotografen. Im Ergebnis wurde die Partei noch vor der Wahl dazu verpflichtet, die Plakate wieder abzuhängen (Landgericht Leipzig, Az. 05 O 1129/19).

Das Urheberpersönlichkeitsrecht können Erben noch bis zu 70 Jahre (§ 64 UrhG) nach dem Tod des Urhebers geltend machen. Auch ältere Werke sind daher nicht automatisch frei für Parteien nutzbar.

Keine gute Idee: Namen des Urhebers nicht nennen

Urheber haben außerdem das Recht, dass ihre Urheberschaft anerkannt und ihr Name in räumlicher Nähe zum Werk genannt wird (§ 13 UrhG). Je nachdem, wie ein Datenbankbild lizenziert ist, hat eine fehlende Namensnennung zur Folge, dass die Lizenz gar nicht erst eingeräumt wurde, weil die Urhebernennung vorausgesetzt wird. Nutzt man Bilder aus Datenbanken, sollte man daher sichergehen, ob und wie der Urheber zu benennen ist. Eine Verletzung liegt regelmäßig nämlich nicht nur in der Nichtnennung, sondern auch in der falschen Nennung.

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