Newsletter: EU-Verordnung zur Online-Streitbeilegung in Kraft | Informationspflichten für E-Commerce und E-Distribution
EU-Verordnung zur Online-Streitbeilegung in Kraft - Neue Informationspflicht auf der Website jetzt umsetzen
Inhaltsverzeichnis
- Newsletter in 5 Sätzen zusammengefasst
- Wer ist betroffen?
- Wer ist nicht betroffen?
- Welche Branchen sind betroffen?
- Was ist zu tun?
- Welche Folgen hat es, wenn die Informationspflichten fehlen?
- Update Oktober 2016: Urteil des LG Dresden (Az.: 42 HK O 70/16 EV)
- Update Februar 2017: Urteil des OLG Koblenz (Az.: 9 W 426/16)
- Musterformulierung für Ihr Impressum zur freien Verwendung
Sie haben es eilig? Hier ist unser Newsletter in 5 Sätzen zusammengefasst:
- Gesetzesänderung durch „Verbraucherstreitbeilegungsverordnung“:
In den ersten Tagen des Januar 2016 ist endgültig die EU-Verordnung Nr. 2006/2004 in Kraft getreten, Sie müssen also wieder einmal Ihre Webseiten oder Apps anpassen. - Warum das alles?
Nach dieser EU-Verordnung soll eine zentrale Anlaufstelle für in der Europäischen Union an-sässige Verbraucher und Unternehmer geschaffen werden, die bei der außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten, die bei online geschlossenen Kauf-und Dienstverträgen entstehen, behilflich ist. - Handlungshinweis:
Sofern Sie als Unternehmer in der EU niedergelassen sind und auf elektronischem Wege (z.B. über eine Website/ ein Portal/ eine App etc.) mit Verbrauchern Kauf –bzw. Dienstverträge abschließen, ergänzen Sie Ihr Impressum bitte um den Textbaustein, den wir am Ende des Newsletters zum „Copy und Paste“ auf Deutsch und Englisch bereitgestellt haben. - Praxistipp:
Prüfen Sie , ob Sie im Impressum Ihrer Website bzw. Portalseite bzw. App eine valide E-Mail-Adresse angegeben haben und das Impressum für den Nutzer gut auffindbar und innerhalb von maximal 2 Klicks bzw. Wisch- oder Scroll-Gesten erreichbar ist. - Weiterführender Hinweis:
Sofern sie bereits fakultativ oder obligatorisch Informationspflichten zu anderen (z.B. natio-nalen) Schlichtungs- bzw. Streitbeilegungsverfahren erfüllen, bündeln Sie die Informationen auf der Seite zum Thema Streitschlichtung, damit der Nutzer sie leichter auffinden kann.
Wer ist von der EU-Verordnung zur Online-Streitbeilegung betroffen?
Unternehmer, die in der Europäischen Union niedergelassen sind und Online-Kaufverträge oder Online-Dienstverträge mit Verbrauchern abschließen, die in der EU wohnhaft sind. Dazu zählen alle Onlinehändler und –Dienstleister, insbesondere auch Hotels und Reiseunternehmen.
Mit dem Begriff des „Verbrauchers“ meint die Verbraucherstreitbeilegungsverordnung natürliche Personen, die beim Vertragsschluss „außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handeln“.
Bei „Verträgen mit doppeltem Zweck“ gilt:
Wird der Online-B2C-Vertrag von einer natürlichen Person teils innerhalb und teils außerhalb des gewerblichen Rahmens abgeschlossen, gilt die betreffende Person ebenfalls als „Verbraucher“, wenn der gewerbliche Zweck so gering ist, dass er im Gesamtkontext des Geschäfts als nicht überwiegend erscheint.
Die Verordnung findet sowohl bei innerhalb der EU grenzüberschreitenden Konflikten Anwendung, als auch bei der Beilegung von Streitigkeiten zwischen Vertragspartnern, die beide im In-land eines Mitgliedsstaates ansässig sind.
Es sollen beide Seiten die Online-Schlichtungs-Plattform anrufen können. Die Verbraucherstreitbeilegungsverordnung gilt ausdrücklich auch für die außergerichtliche Beilegung von Streitigkei-ten aus Online-Kaufverträgen oder Online-Dienstverträgen, bei denen ein Unternehmer gegen einen Verbraucher vorgeht, sofern die Beilegung von Streitigkeiten durch Einschalten einer Stelle für alternative Streitbeilegung (AS-Stelle, vgl. zu Beginn) nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zulässig ist.
Auch Online-Marktplätze, die es Unternehmern ermöglichen, den Verbrauchern ihre Waren und Dienstleistungen anzubieten, wie beispielsweise eBay, werden von der Verbraucherstreitbei-legungsverordnung ausdrücklich erfasst.
Wer ist nicht von der Verbraucherstreitbeilegungsverordnung betroffen?
- Vertragspartner, die Geschäfte schließen, an denen kein Verbraucher beteiligt ist (B2B);
- Beteiligte an reinen Privatgeschäften;
- Beteiligte an Verträgen, die nicht über eine Website, einen Marktplatz bzw. auf anderem elektronischen Wege (also über Kabel, Funk, auf optischem oder anderem elektromagne-tischem Wege) geschlossen werden, z.B. vor Ort in einem Ladengeschäft;
- Beteiligte an Geschäften, die über die Grenzen des EU-Binnenmarktes hinaus geschlossen werden;
- Unentgeltliche Geschäfte (z.B. Schenkung, Tausch, Spende)
Welche Branchen sind betroffen?
Verpflichtet werden alle Anbieter, die auf elektronischem Weg B2C-Kaufverträge und/oder B2C-Dienstleistungsverträge abschließen. „Kaufvertrag“ soll jeder Vertrag sein, durch den der Unternehmer das Eigentum an Waren an den Verbraucher überträgt oder deren Übertragung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt, einschließlich Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben.
„Dienstleistungsvertrag“ soll jeder Vertrag sein, der kein Kaufvertrag ist und nach dem der Unternehmer eine Dienstleistung für den Verbraucher erbringt oder deren Erbringung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt.
Betroffen sind folglich vornehmlich Onlinehändler, auch wenn sie auf Portalen/Online-Marktplätzen tätig sind. Wir gehen davon aus, dass dem in der Verbraucherstreitbeilegungsverordnung verwendeten Dienstleistungsbegriff das weite europarechtliche Verständnis zu Grunde liegt, sodass auch Verträge, die nach deutschem Recht eigentlich als Werk, Geschäftsbesorgung oder Miete einzustufen sind, vom Dienstleistungsbegriff ebenfalls erfasst werden. Ausdrückliche Hinweise lassen sich hierzu jedoch nicht finden.
EU-Verordnung zur Online-Streitbeilegung: Was ist zu tun?
Die Unternehmer sind verpflichtet, einen Link zur Website der Online-Schlichtungs-Stelle auf ihrer Website leicht zugänglich einzustellen. Zudem ist als erste „Anlaufstelle“ für den Verbraucher auf der Website eine E-Mail-Adresse des Unternehmers anzugeben – für Anbieter, die das deutsche Telemediengesetz (TMG) beachten müssen, dürfte das im Grunde ein alter Hut sein.
Spielen Sie Ihre Website in mehreren Sprachen aus, ist auch der Hinweis in die Zielsprachen zu übersetzen, da gerade die Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten zwischen Unterneh-mern und Verbrauchern durch die Verordnung erleichtert werden soll.
Auch die AGB beziehungsweise Kundeninformationen können um den Link ergänzt werden.
Wer bereits an anderen Schlichtungsverfahren teilnimmt beziehungsweise aufgrund einer bestimmten Branchenzugehörigkeit zur Teilnahme gesetzlich verpflichtet ist, bleibt weiterhin verpflichtet, gegebenenfalls obligatorische Informationen zu diesen anderen Stellen weiterhin in der von den jeweiligen Vorschriften geforderten Art und Weise bereitzustellen. Mit anderen Worten: Die Verbraucherstreitbeilegungsverordnung ersetzt keine (nationalen oder europarechtlichen) Regelungen, sie ergänzt diese lediglich.
In diesem Fall kann es empfehlenswert sein, dass die unterschiedlichen Informationen zu europäischen, zu nationalen oder anderen Schlichtungsstellen gebündelt auf der Website präsentiert werden, zum Beispiel über die Einrichtung einer gesonderten Schaltfläche („Streitschlichtung“), die die Informationen zu allen Verfahren enthält und leicht auffindbar sowie zugänglich auf der Website eingestellt ist.
Welche Folgen hat es, wenn die Pflichtinformationen fehlen?
Die Verbraucherstreitbeilegungsverordnung schafft im Interesse der Verbraucher zwingende Informationspflichten. Gemäß Art. 18 der Verbraucherstreitbeilegungsverordnung sind nun die Mitgliedsstaaten in der Pflicht, geeignete Sanktionen für den Fall der Nichtbeachtung der Informationspflicht festzulegen. Solange das EU-Schlichtungs-Portal, zu dem der Link führt, noch nicht live ist, dürfte auch für die Unternehmer eine „Schonfrist“ gelten. Nach deren Ablauf sind Abmahnungen jedoch nicht auszuschließen.
Update Oktober 2016: Urteil des LG Dresden (Az.: 42 HK O 70/16 EV)
Das Landgericht Dresden entschied mit dem Urteil vom 16.09.2016 (Az.: 42 HK O 70/16 EV) jüngst, dass Händler auf der Plattform Amazon nicht verpflichtet sind, ihre Käufer auf die Existenz der Stelle für Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten der Europäischen Kommission hinzuweisen. Diese Informationspflicht treffe vielmehr Amazon.
Unsere Einschätzung: Das Urteil ist mit großer Vorsicht zu behandeln. Es gibt eine ganze Reihe von älteren Entscheidungen, die den Plattform-Sellern sehr wohl die Einhaltung von eigenen gesetzlichen Verbraucherschutz- und Informationspflichten abverlangen und der Argumentationslinie „die Plattform informiert den Kunden doch schon ganz gut“ konsequent und – wie wir finden – mit guten Gründen den Erfolg verweigern.
Allen gewerblichen Dienstleistern und Händlern mit einer Niederlassung in der EU, die Portale und Plattformen (Amazon, eBay usw.) für den Vertrieb nutzen, empfehlen wir ausdrücklich weiterhin im eigenen Profil beziehungsweise auf der ihnen zugeordneten Unterseite den (unten formulierten) Hinweis auf den Link zur EU- Streitbeilegungsstelle aufzuführen, um die eigenen Informationspflichten hinreichend zu erfüllen.
Update Februar 2017: Urteil OLG Koblenz (Az.: 9 W 426/16
Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat mit dem Urteil vom 25.01.2017 (Az: 9 W 426/16) entschieden, dass ein Unternehmer, der auf „eBay“ Angebote unterhält, verpflichtet ist, selbst einen Link auf die OS-Plattform der Europäischen Kommission einzustellen. Sofern der Betreiber des Online-Marktplatzes seiner Informationspflicht nachkommt, muss der Unternehmer also zusätzlich tätig werden. Ein vom Online-Marktplatz zentral eingestellter Link, der zu der OS-Plattform der Europäischen Kommission führt, reicht nicht aus, damit der einzelne Unternehmer die ihm obliegende Informationspflicht aus Art. 14 Abs. 1 S.1 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 erfüllt. Mit der Entscheidung des Landgericht Dresden (Urteil vom 16.09.2016, AZ.: 42 HK O 70/16 EV) hat sich das OLG Koblenz auseinandergesetzt; das OLG Koblenz kommt nach einer Auslegung des Art. 14 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 nach seinem Sinn und Zweck jedoch zum genau gegenteiligen Ergebnis.
Unsere Empfehlung: Stellen Sie den Verbraucherkunden beim Verkauf über Online-Marktplätze und Plattformen wie Amazon, eBay etc. auf den Ihnen verfügbaren Seiten alle gesetzlichen Pflichtinformationen bereit. Dazu gehört auch der Hinweis auf die OS-Plattform der Europäischen Kommission.
Eine entsprechende Muster-Formulierung finden Sie am Ende dieses Beitrages.
Formulierung für Ihr Impressum auf Deutsch und Englisch zum Kopieren und Einfügen*:
Pflichtinformation nach der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und Rats:
Link zur Homepage der Stelle für die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten der Europäischen Kommission: https://ec.europa.eu/consumers/odr/ - weiterführende Informationen stehen Ihnen unter diesem Link zur Verfügung. Für erste Fragen zu einer möglichen Streitschlichtung stehen wir Ihnen unter [E-Mailadresse ergänzen] zur Verfügung.
Mandatory information according to the Regulation (EU) No 524/2013 of the European Parliament and of the Council:
Follow this link to the website of the European Commission’s entity for online dispute resolution for consumer disputes: https://ec.europa.eu/consumers/odr/ - further information is available if you follow the link. Should you have any initial questions concerning a potential dispute resolution, please email us at [insert email address]."
* Achtung: Seit geraumer Zeit funktionieren die Links zur ODR-Plattform der Europäischen Kommission nicht zuverlässig - bevor Sie die Pflichtinformationen auf Ihrer Website bzw. in Ihrem sonstigen Dienst (wie Seite auf einer Plattform, in einer App) veröffentlichen, stellen Sie bitte sicher, dass die Links direkt klickbar (also aktiv) eingestellt sind und prüfen Sie die Funktionsweise der Links in den gängigen Browsern.
* Attention: For some time now, links to the European Commission's ODR platform have not been working reliably - before publishing the mandatory information on your website or other service (such as page on a platform, in an app), please ensure that the links are set to be directly clickable (i.e. active) and check that the links work in the most common browsers.