Neues Urhebervertragsrecht: Buy-Out-Vereinbarungen an die neue Rechtslage anpassen

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Im Dezember 2016 wurde das „Gesetz zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung und zur Regelung von Fragen der Verlegerbeteiligung“ vom Bundestag beschlossen. Mit Wirkung zum 01. März 2017 hat es einige wichtige Vorschriften des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) geändert. 

Ich gebe Ihnen nun einen kurzen Überblick über die wichtigsten Neuerungen und zeige auf, für wen jetzt Handlungsbedarf besteht.

Mit der Anpassung des UrhG sind total buy out-Vereinbarung nicht mehr ohne Weiteres möglich.
Mit der Anpassung des UrhG sind total buy out-Vereinbarung nicht mehr ohne Weiteres möglich.

 

Was hat sich aufgrund des neuen Urhebervertragsrechts geändert?

Beschränkung von „total buy out“-Vereinbarungen

Mit der Änderung des UrhG bezweckt der Gesetzgeber eine Verbesserung der Rechtsposition von Kreativschaffenden und Künstlern, indem zum Beispiel sogenannte total buy out-Vereinbarungen, also Vereinbarungen über die Veräußerung aller Rechte auf unbestimmte Zeit, nur noch eingeschränkt möglich sind. § 40 a UrhG sieht nunmehr vor, dass der Urheber sein Werk, dessen Nutzung er gegen eine Pauschalvergütung einem anderen ausschließlich eingeräumt hat, nach zehn Jahren selbst beziehungsweise anderweitig nutzen darf.

Für die verbleibende Zeit der vereinbarten Rechteeinräumung besteht das Nutzungsrecht des Vertragspartners als einfaches Nutzungsrecht fort. 40 a Abs. 2 UrhG sieht die Option vor, dass die Vertragsparteien frühestens nach fünf Jahren eine Erstreckung der Exklusivität/Ausschließlichkeit auf die gesamte Dauer der Nutzungsrechtseinräumung vereinbaren können.

Davon abweichend darf der Urheber bereits bei Vertragsschluss ein zeitlich unbeschränktes ausschließliches Nutzungsrecht einräumen, wenn es sich bei dem Werk zum Beispiel lediglich um einen nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung handelt oder es sich um ein Werk der Baukunst oder den Entwurf eines solchen Werkes handelt, oder das Werk mit Zustimmung des Urhebers für eine Marke oder ein sonstiges Kennzeichen, ein Design oder ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster bestimmt ist. Die Ausnahmen sind in § 40a Abs. 3 UrhG normiert.

Laut der Gesetzesbegründung soll das Recht zur anderweitigen Verwertung aus § 40a UrhG auch nicht in Arbeits- oder Dienstverhältnissen gelten.

 

Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechenschaft

Des Weiteren sollen Urheber ihren gesetzlichen Anspruch auf „angemessene Vergütung“ aus § 32 UrhG von jetzt an besser durchsetzen können.

Praktisch umgesetzt wird das zum einen, indem bei der Bestimmung über die Angemessenheit der Vergütung (§ 32 Abs. 2 UrhG) neben der „Art“ und dem „Umfang“ der Werknutzung nun auch ausdrücklich die „Häufigkeit“ und das „Ausmaß“ der Nutzung berücksichtigt werden.

Zum anderen soll der Urheber einmal im Jahr Auskunft und Rechenschaft vom Vertragspartner über den Umfang der (entgeltlich übertragenen) Nutzung des Werks und die daraus gewonnenen Erträge und Vorteile einholen können (§ 32 d UrhG), um dann Vergütung nachfordern zu können.

Lediglich die im Rahmen einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36 UrhG) ermittelte Vergütung gilt unwiderleglich als „angemessen“.  Denn das Instrument der „gemeinsamen Vergütungsregeln“ ermöglicht den Verbänden von Urhebern und ausübenden Künstlern, branchenspezifisch angemessene Vergütungsregeln mit den „Verwerter-Verbänden“ auszuhandeln.

Und nicht nur gegenüber seinem Vertragspartner, auch von Dritten in der Verwertungskette kann der Urheber Auskunft und Rechenschaft verlangen (§ 32e UrhG). Zur Auskunft verpflichtet sind allerdings nur solche Dritten, die „die Nutzungsvorgänge in der Lizenzkette wirtschaftlich wesentlich bestimmen“. Das bedeutet zum Beispiel, dass ein Sender, der eine TV-Produktion in Auftrag gibt, grundsätzlich auch dem beteiligten Regisseur, den Schauspielern, den Autoren und so weiter Auskunft erteilen muss.  Darüber hinaus sind auch solche Dritte zur Auskunft verpflichtet, „aus deren Erträgnissen oder Vorteilen sich das auffällige Missverhältnis gemäß § 32a Absatz 2 [Urhg]“ ergibt. Hier erfolgt also ein Brückenschlag zum sogenannten „Bestseller-Paragrafen“, nach dem der Urheber eine angemessene Vergütung nachfordern kann, wenn er beispielsweise die Nutzung seines Liedes oder Textes günstig „verkauft“ hatte, sich aber nachträglich herausgestellt, dass er einen Bestseller verfasst hat. Damit stehen die Vergütung für die Nutzungsrechteinräumung und der Ertrag aus der Verwertung in einem auffälligen Missverhältnis. Vielen ist dieser „Bestseller-Paragraph“ durch die Nachforderungen des Nachlassverwalters von Elvis Presley vor etwa fünf Jahren bekannt geworden.

Der Auskunftsanspruch besteht nicht, wenn die Inanspruchnahme einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellt, so zum Beispiel, wenn der (Mit-)Urheber lediglich einen nachrangigen Beitrag zum Werk, dem Produkt oder der Dienstleistung beigesteuert hat. Ein Filmkomparse hätte somit recht wahrscheinlich keinen jährlichen Auskunftsanspruch.

 

Können die Neuerungen im UrhG vertraglich außer Kraft gesetzt werden?

Nein, die Vorschriften können nicht zulasten des Urhebers individualvertraglich außer Kraft gesetzt werden, es sei denn, die abweichende Vereinbarung zulasten des Urhebers erfolgt mittels Tarifvertrag oder ist Teil einer gemeinsamen Vergütungsregel. Lediglich in diesen Fällen scheint der Gesetzgeber ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Vertragsparteien auf Augenhöhe verhandeln.  

 

Kann ein „total buy out“ nun nicht mehr wirksam vereinbart werden?

Nein, ein „total buy out“ bleibt grundsätzlich trotz des neuen Urhebervertragsrechts weiterhin möglich, auch wenn keine der gesetzlichen Ausnahmen aus  § 40a Abs. 3 UrhG vorliegt. Allerdings geht das nur mit dem Zwischenschritt der Nachverhandlung, die frühestens fünf Jahre nach der Einräumung des Nutzungsrechts stattfinden darf.

Nicht wenige Kreativschaffende stehen dem neuen § 40a UrhG jedoch eher skeptisch gegenüber, da

„…mir eigentlich kein Bereich einfällt, in dem der/die Urheber/in hiervon profitiert: Entweder sind die typischen Nutzungszeiträume kürzer als zehn Jahre (z.B. Journalismus), es wird ohnehin nutzungsbezogen vergütet (z.B. Belletristik) oder es gibt eine Ausnahmeregelung (z.B. Film). Außerdem ist die Wirtschaftlichkeit eines einfachen Nutzungsrechts sehr eingeschränkt.“ (ver.di Fachbereich Medien, Kunst und Industrie)

Neues Urhebervertragsrecht - Was ist jetzt zu tun?

  • Zur effektiven Geltendmachung des Auskunftsanspruchs sollten Urheber Notizen anfertigen, von wem beziehungsweise wo/in welchen Medien ihre Werke genutzt werden.
  • Unternehmen und Personen, die zur Auskunft nach § 32 d UrhG verpflichtet sein können, sollten ihre internen Prozesse überprüfen (Buchhaltung, Software etc.) um sicherzustellen, dass sie jährlich Urhebern eine Auskunft über die Werknutzung und Erträge erteilen können.
  • Wer Vertragsvorlagen oder Geschäftsbedingungen nutzt, die (auch) Vereinbarungen zur Einräumung von Nutzungsrechten enthalten, sollte überlegen, diese an die neue Rechtslage anzupassen und durch günstige Regelungen zu ergänzen. Eine solche günstige Regelung wäre zum Beispiel ein „first-offer-Vorbehalt“, der regelt, dass bevor der Urheber die Nutzungsrechte bei Fristablauf einem Dritten anbietet (beispielsweise einem Mitbewerber), er sie zunächst dem Vertragspartner offeriert.
  • Insbesondere in Verträgen zur Schaffung des Designs von Marken, Firmenlogos oder anderen schutzfähigen Inhalten sollte eine Klausel ergänzt werden, nach der das vom Urheber erdachte und geschaffene Werk nach dem Willen beider Vertragsparteien ausdrücklich auch zur Benutzung als Marke/Logo/Kennzeichen verwendet werden darf.

 

Sind Altverträge vom neuen Urhebervertragsrecht betroffen?

Nein, die neuen Vorschriften gelten für die Verträge, die ab dem 01. März 2017 geschlossen werden. Auf „Altverträge“ oder sonstige Sachverhalte vor dem 01. März 2017 sind die Vorschriften des UrhG in der bis zum 1. März 2017 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

Wer sollte handeln?

Betroffen dürften insbesondere Unternehmen und Personen sein, die Verträge zur Einräumung von Nutzungsrechten abschließen, die auf eine weitreichende Übertragung, wenn nicht gar einen „total buy out“ abzielen. Das sind beispielsweise Fotografen und andere Kreativschaffende, Hotels, Agenturen und die Vertragspartner der Kreativschaffenden („Auftraggeber“).

Betroffen können auch die Verträge von und mit sogenannten Influencern sein.

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