Informationspflichten zur außergerichtlichen Streitbeilegung – Sind Sie bereit für 2017?
Inhaltsübersicht
Mit dem Inkrafttreten der Informationspflichten aus § 36 und § 37 VSBG („Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen“ oder auch „Verbraucherstreitbeilegungsgesetz“ genannt) erhält der Dschungel der Informationspflichten im Neuen Jahr noch mehr Schlingpflanzen, die sicher so manchem an den Nerven zehren werden.
Wir erinnern uns: Alle Unternehmer, die in der Europäischen Union niedergelassen sind und online Kauf-und/oder Dienstverträge mit Verbrauchern abschließen, müssen bereits seit Januar 2016 ihre Anbieterkennzeichnungen (“Impressum“) um einen Hinweis auf die Online-Schlichtungs-Plattform der EU-Kommission ergänzen (nachlesen können Sie das hier in unserem Blogbeitrag samt Musterformulierungen).
In 2017 kommt hinzu, dass ab dem 1. Februar weitere Informationspflichten für Unternehmer im B2C-Bereich in Kraft treten. Auch diese sind pünktlich ab dem Stichtag zu beachten und zu erfüllen.
Damit Sie sich in diesem Dickicht aus Informationspflichten nicht verlieren, haben wir für Sie einen Überblick vorbereitet sowie praktische Musterformulierungen bereitgestellt, die Sie sich gern kopieren können.
1.) Allgemeine Informationspflicht nach § 36 VSBG
Gemäß § 36 VSBG muss ab dem 01.02.2017 jeder Unternehmer, der mehr als 10 Personen beschäftigt und eine „Webseite“ oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet, die Verbraucher
- leicht zugänglich,
- klar und
- verständlich
in Kenntnis setzen, inwieweit er bereit oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
Er muss zudem auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinweisen, wenn er sich zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet hat oder, wenn er aufgrund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet ist.
Dieser Pflichthinweis muss dann wiederum Angaben zu
- Anschrift und
- Internetpräsenz der zuständigen Verbraucherschlichtungsstelle sowie
- eine Erklärung des Unternehmers enthalten,
an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
Checkliste zum Anwenden der Pflichthinweise aus dem Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen
Ob Sie Ihren Kunden entsprechende Hinweise erteilen müssen, können Sie anhand der folgenden Checkliste ganz unkompliziert selbst überprüfen:
1. | Sie sind Unternehmer im Sinne von § 14 BGB mit Sitz oder Zweigniederlassung in der BRD? |
WENN JA: Weiter zur nächsten Frage in Zeile 2. WENN NEIN: Ausländische Unternehmer, die keine Niederlassung in der BRD haben, unterliegen nicht den Vorschriften des VSBG. Diese Unternehmer müssen jedoch die nationalen Vorschriften ihres Sitzlandes beachten. |
2. | Schließen Sie als Unternehmer mit Ihren Kunden zumindest auch B2C-Verträge ab, also Verträge mit Verbrauchern im Sinne von § 13 BGB? |
WENN JA: Weiter zur nächsten Frage in Zeile 3. WENN NEIN: Der B2B-Bereich ist von der Informationspflicht ausgenommen. |
3. |
Haben Sie eine „Webseite“? „Webseite“ ist ein auslegungsbedürftiger Begriff. Vielleicht stellen Sie sich gerade die Frage, ob neben einer Homepage oder einem Webshop auch Seiten in sozialen Netzwerken oder auf Verkaufsplattformen dazuzählen? Unser Tipp: Orientieren Sie sich daran, ob Sie in dem Medium Ihrer Wahl zur Angabe eines Impressums nach § 5 TMG verpflichtet sind. Ist das der Fall, spricht viel dafür, dass Sie eine eigene Website haben. Im Zweifel sind alle nicht zu 100 % privaten Seiten „impressumspflichtig“. |
WENN JA: Springen Sie zur Frage nach der Beschäftigtenzahl in Zeile 5. WENN NEIN: Beantworten Sie die Frage in Zeile 4. |
4. |
Verwenden Sie AGB? |
WENN JA: Bitte weiter zur nächsten Frage in Zeile 5. WENN NEIN: Sofern Sie auch keine „Webseite“ haben, können Sie freiwillig die Informationspflichten aus § 36 VSBG erfüllen oder eben nicht. Sie können dann die Tabelle gerne verlassen und direkt zu Abschnitt 2 des Blogbeitrages „vorrücken“. |
5. |
Haben Sie mehr als 10 Beschäftigte? Es kommt hier auf die tatsächliche Kopfzahl der beschäftigten Personen und nicht auf die Stundenäquivalente - beispielsweise für Teilzeitbeschäftigten - an. Gezählt werden nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Auszubildende und freie Mitarbeiter. Die Kopfzahl ist jeweils zum Ende des vorausgegangenen Jahres festzustellen. Im Laufe des Jahres sich verändernde Beschäftigtenzahlen wirken sich auf die Informationspflicht gemäß § 36 VSBG erst mit Beginn des Folgejahres aus, sofern am Ende des laufenden Jahres mehr als zehn Personen beschäftigt werden.
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WENN JA: Bitte weiter zur nächsten Frage in Zeile 6. WENN NEIN: Sie sind als „Kleinbetrieb“ zwar privilegiert, jedoch nicht von allen VSBG-Informationspflichten befreit. Es gilt dann Folgendes: Wenn Sie sich als Kleinbetrieb zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle freiwillig verpflichtet haben oder dazu aufgrund von Rechtsvorschriften verpflichtet sind, fügen Sie unterhalb Ihres Impressums und/ oder in Ihren AGB (so Sie denn welche haben) folgenden Hinweis ein: „Hinweis nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG: Wir weisen Sie darauf hin, dass die nachfolgend benannte Stelle als Verbraucherschlichtungsstelle für vermögensrechtliche Streitigkeiten zuständig ist: [Lieber Leser, liebe Leserin, hier tragen Sie noch die für Ihr Unternehmen nach dem VSBG zuständige Verbraucherschlichtungsstelle mit Namen, Anschrift und Web-Adresse ein]. Wir nehmen an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teil.“ Wenn Sie als Kleinbetrieb hingegen weder freiwillig an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilnehmen, noch aufgrund von Rechtsvorschriften dazu verpflichtet sind, müssen Sie nichts weiter unternehmen. |
6. | Gibt es Rechtsvorschriften, die Sie zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichten? |
WENN JA: Fügen Sie unterhalb Ihres Impressums und/ oder in Ihren AGB (so Sie denn welche haben) folgenden Hinweis ein: „Hinweis nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG: Wir weisen Sie darauf hin, dass die nachfolgend benannte Stelle als Verbraucherschlichtungsstelle für vermögensrechtliche Streitigkeiten zuständig ist: [Liebe Leserin, lieber Leser, hier tragen Sie noch die für Ihr Unternehmen nach dem VSBG zuständige Verbraucherschlichtungsstelle mit Namen, Anschrift und Web-Adresse ein] Wir weisen Sie des Weiteren darauf hin, dass wir zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle aufgrund von Rechtsvorschriften (§§ [einfügen]) verpflichtet sind.“ WENN NEIN: weiter zur nächsten Frage in Zeile 7. |
7. |
Wenn Sie nicht aufgrund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet sind: Möchten Sie freiwillig an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilnehmen? |
WENN JA: Fügen Sie unterhalb Ihres Impressums und/oder in Ihren AGB (so Sie denn welche haben) folgenden Hinweis ein: „Hinweis nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG: Wir weisen Sie darauf hin, dass die nachfolgend benannte Stelle als Verbraucherschlichtungsstelle für vermögensrechtliche Streitigkeiten zuständig ist: [Lieber Leser, hier tragen Sie noch die für Ihr Unternehmen nach dem VSBG zuständigeVerbraucherschlichtungsstelle mit Namen, Anschrift und Web-Adresse ein] Wir weisen Sie des Weiteren darauf hin, dass wir grundsätzlich bereit sind, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.“ WENN NEIN: Fügen Sie unterhalb Ihres Impressums und/oder in Ihren AGB (so Sie welche haben) folgenden Hinweis ein: „Hinweis nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG: Wir weisen Sie darauf hin, dass die nachfolgend benannte Stelle als Verbraucherschlichtungsstelle für vermögensrechtliche Streitigkeiten zuständig ist: [Lieber Leser, liebe Leserin, hier tragen Sie noch die für Ihr Unternehmen nach dem VSBG zuständige Verbraucherschlichtungsstelle mit Namen, Anschrift und Web-Adresse ein. Das ist in diesem Fall nicht verpflichtend, aber durchaus empfehlenswert.] Wir weisen Sie des Weiteren darauf hin, dass wir für eine Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle nicht zur Verfügung stehen.“ |
2. Informationspflicht nach Entstehen einer Streitigkeit aus § 37 VSBG
Hierbei handelt es sich um eine weitere Informationspflicht, die für alle Unternehmer mit Niederlassung in der BRD besteht, die zumindest auch B2C-Geschäfte abschließen.
Anders als die Pflicht aus § 36 VSBG, besteht diese Informationspflicht
unabhängig von Vorhandensein einer Website,
- unabhängig von Vorhandensein von AGB,
- unabhängig von der Teilnahmebereitschaft des Unternehmers im Hinblick auf die VSBG-Streitschlichtungsverfahren und
- unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten des Unternehmens.
Die Informationspflicht wird laut § 37 VSBG allein dadurch ausgelöst, dass eine „Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag durch den Unternehmer und den Verbraucher nicht beigelegt werden konnte“. Wissen Sie jetzt Bescheid? Wenn nicht, lesen Sie einfach weiter.
- 37 VSBG ist anwendbar – Was muss ich jetzt tun?
Wenn es also „so weit“ ist und Sie eine Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag mit Ihrem Kunden nicht beigelegen können, dann informieren Sie den Verbraucher, mit dem Sie diese ungelöste Streitigkeit haben, per Fax oder E-Mail oder Brief darüber,
- dass er die Möglichkeit hat, die für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle anzurufen und
- wo diese für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle sitzt und wo sie im Internet zu finden ist, indem Sie ihm die Anschrift und Web-Adresse der Verbraucherschlichtungsstelle mitteilen und,
- ob Sie zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bei dieser Verbraucherschlichtungsstelle bereit oder verpflichtet sind oder es nicht sind.
Eine Übersicht über die bisherigen VSBG-Streitschlichtungsstellen finden Sie hier.
Wenn Sie freiwillig oder von Gesetzes wegen an Streitbeilegungsverfahren mehrerer Verbraucherschlichtungsstellen teilnehmen, erteilen Sie die oben genannten Informationen bitte im Hinblick auf alle Stellen.
3. Was passiert, wenn Sie die Informationspflichten aus §§ 36, 37 VSBG verletzen?
§ 36, 37 VSBG sind ab dem 01.02.2017 sogenannte „verbraucherschützende Normen“ im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 12 UKlaG.
Daher können die in § 3 Abs. 1 UKlaG genannten Stellen, also Verbraucherschutzverbände oder Verbände mit dem Ziel, die Lauterkeit des unternehmerischen Wettbewerbs zu fördern, dann von Ihnen Unterlassung verlangen, wenn Sie als Unternehmer Ihren VSBG-Informationspflichten nicht nachkommen.
Straf- oder Bußgeldsanktionen sind hingegen nicht zu befürchten.