Eine allgemeine Impressumspflicht bei XING?

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++ UPDATE zur Impressumspflicht bei XING |24.11.2014

Das OLG Stuttgart (Urteil vom 20. November 2014, Az. 2 U 95/14) hat nun entschieden, dass in dem Personenprofil bei Xing kein eigenständiges Telemedium im Sinne von § 5 TMG zu sehen ist - eine Impressumspflicht kann demnach bei der Nutzung von Karriereportalen wie Xing nicht ausgelöst werden.

Aus Stuttgart kommt somit das deutliche Signal, dass die Gestaltungsmöglichkeiten der Plattform durch den Profilinhabers selbst so eingeschränkt ist, dass die Voraussetzungen des § 5 TMG bereits nicht erfüllt sind. Das OLG Stuttgart stützt seien Auffassung darauf, dass der Profilinhaber lediglich vorgegebene Felder wie "Ich biete", "Ich suche", "Qualifikation" oder "Berufserfahrung" ausfüllt und grafisch rein gar nichts an der Seitengestaltung verändern kann.

Weiterhin lässt das OLG Stuttgart erkennen, dass der geltendgemachte Impressumsverstoß jedenfalls sowieso so verschwindend gering in den Wettbewerb eingreift, dass gar keinen spürbaren Verstoß vorliegen könnte.

Bleibt die Gestaltung der Karriereplattformen wie Xing oder LinkedIn zunächst so wie sie ist, wird wohl kaum von einer Impressumspflicht wegen einem selbstständigen Telemeidum mit eigenem Gestaltungsspielraum des Profilinhabers auszugehen sein. Zu bemerken bleibt allerdings, dass das OLG München abweichend vom OLG Stuttgart auch in der Berufungsverhandlung an der Rechtsauffassung der Vorinstanz festhielt und weiter von einer allgemeinen Impressumspflicht ausgeht. Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls bei der geschäftlichen Nutzung solcher Karriereportale ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Impressum zu empfehlen.

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Rechtsanwalt mit Gesetzessammlung in der Hand

Die Impressumspflicht bei XING ist das Ergebnis eigentümlicher Gerichtsentscheidungen

Wer sein Profil in einem Karrierenetzwerk geschäftlich nutzt, muss nach einschlägigen Gerichtsentscheidungen nun ein Impressum vorhalten. Die Richterbank legte sowohl die Einordnung eines Profils als „geschäftsmäßig“ als auch die Verantwortlichkeit des Netzwerkmitglieds für die rechtskonforme Ausgestaltung des Impressums auf Karriereplattformen äußerst weit aus.

Stein des Anstoßes: Die Debatte um das Impressung beim XING-Profil

Ausgangspunkt der Impressumsdebatte waren die zu Beginn des Jahres in rauen Mengen versendeten Abmahnungen des Rechtsanwalts Michael Winters wegen fehlender Impressen in sozialen Netzwerken. Er schrieb Rechtsanwälte an, die unter anderem im Karrierenetzwerk XING eine Profilseite ohne Impressum betrieben. Herr Winter war der Auffassung, auch innerhalb dieser Portale müsse ein Impressum vorgehalten werden, da die Abgemahnten ihre anwaltliche Beratungsdienstleistung anbieten und somit geschäftlich handeln würden.

Einige gerichtliche Entscheidungen der vergangenen Monate hielten nun die Betroffenen und die Anteil nehmenden Kollegen der Rechtsanwaltsgilde auf Trab. Allen voran ist das Urteil des Landgericht Münchens vom 3. Juni 2014 (Az.: 33 O 4149/14) zu nennen, das Herrn Winter zumindest für diesen Fall in seine Schranken wies. Im Ergebnis erkannte das Landgericht nämlich keinen Verstoß gegen die Impressumspflicht.

Das LG München zur Impressumspflicht bei XING

Urteil vom 3. Juni 2014, Az. 4149/14

Die Urteilsbegründung befriedigte allerdings weder Beteiligte noch Interessierte: Die Münchner Richter sahen in der Darstellung der eigenen Profession und Qualifikation als Rechtsanwalt im Rahmen des XING-Profils des Antragsgegners eine geschäftliche Handlung. Die bloße Zusammenfassung unter den Rubriken „Ich biete“ und „Ich suche“ seien bereits objektiv dazu geeignet, den Absatz der Kanzlei, bei welcher der Antragsgegner angestellt ist, zu fördern und stellen entsprechend ein Angebot anwaltlicher Dienstleistungen dar. Unproblematisch machte das Landgericht München so den Profilinhaber zum Diensteanbieter im Sinne des § 5 TMG und folglich impressumspflichtig.

Letztlich scheitern ließ die Münchner Richterbank den Anspruch von Rechtsanwalt Winter allerdings dennoch, indem sie die spürbare wettbewerbliche Relevanz des Impressumsverstoßes verneinte. Nach Meinung der Richter konnte der Antragsteller nicht darlegen, dass über das Netzwerk XING üblicherweise auch Geschäftsabschlüsse angeschoben und begründet werden. Die Richter behalfen sich hier einer Begründung, die vielmehr bereits auf der Stufe der Geschäftsmäßigkeit des XING-Profils eine entscheidende Rolle gespielt hätte und den geltend gemachten Anspruch schon an dieser Stelle hätte scheitern lassen müssen.

In dieser Sache scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein, da die wohl rechtlich nicht stringente Lösung aus München sich aufgrund der eingelegten Berufung von Herrn Winter einer Überprüfung durch die nächste Instanz stellen muss. Dort könnte die Frage der Impressumspflicht gänzlich anders bewertet werden.
Nachdem auch das Landgericht Dortmund mit seinem Urteil vom 14. Mai 2014 (Az. 5 O 107/14) einen Impressumsverstoß an der Bagatellgrenze der wettbewerblichen Relevanz scheitern ließ, ging das Landgericht Stuttgart mit seinem Urteil sogar einen Schritt weiter:

 

Das LG Stuttgart zur Debatte um die Impresssumspflicht auf XING

Urteil vom 27. Juli 2014, Az. 11 O 51/14

Das Landgericht Stuttgart ging davon aus, dass ein XING-Profil an sich bereits eigenständiges Informations- und Kommunikationsangebot darstellt. Demzufolge bejahten die Richter – gleichfalls wie bereits das Landgericht München – nahezu unproblematisch die Geschäftsmäßigkeit des Profilauftritts des Klägers. In einem weiteren Schritt legte das Stuttgarter Gericht jedoch auch die rechtskonforme Ausgestaltung des Impressums bei XING in den Verantwortungsbereich des Profilinhabers.

In dem vom Landgericht zu entscheidenden Fall hatte der Kläger, der lediglich festgestellt wissen wollte, dass dem Abmahnanwalt Winter ein Unterlassungsanspruch in diesem Fall nicht zusteht, die von XING vorgehaltene Impressumslösung am unteren Rand der Profilseite genutzt. Diese von XING vorgegebene Variante befanden die Stuttgarter Richter als nicht effektiv optisch wahrnehmbar: Der Impressumslink bei XING sei nur durch Herunterscrollen auffindbar gewesen. Die kleine Schriftgröße und die Position außerhalb des eigentlichen Textblocks führe dazu, dass diesem Bereich keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt werde.

Der Kläger konnte die erwünschte Impressumsfreiheit nicht erkämpfen und wurde zudem noch für den Webseitenbaukasten von XING verantwortlich gemacht. Aber auch er hat Berufung eingelegt und hofft auf eine abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart

 

Fazit zur Impressumspflicht auf Karrierenetzwerken

Wenn auch die Richter des Landgerichts diese Auffassung nicht teilen, meinen zumindest die Betroffenen und viele Interessierte, dass die Nutzung von XING-Profilen nicht generell eine geschäftliche Handlung darstellt, die dem Inhaber die Pflichten eines Diensteanbieters nach § 5 TMG übertragen würde. Dennoch schrauben die Gerichtsentscheidungen die Anforderungen an ein Impressum in Karrierenetzwerken zunächst recht hoch. Eine endgültige Entscheidung ist in dieser Angelegenheit noch nicht gefallen, da beide Fälle sich bereits in der Berufungsinstanz befinden. Wir werden so mit Spannung die Entscheidungen der Obergerichte in München und Stuttgart abwarten dürfen.

Dass die Urteile aufgrund der eingelegten Berufungen noch nicht rechtskräftig sind, kann nur ein schwacher Trost sein, da bis zur endgültigen Klärung Rechtsunsicherheit bestehen bleibt. Bedauerlicherweise sind davon nicht nur die beteiligten Anwälte selbst betroffen, sondern auch alle anderen, die ein Profil bei XING oder LinkedIn führen und dies nicht ausschließlich und offensichtlich privat nutzen. Bis zu den abschließenden Entscheidungen bleibt somit nur die Empfehlung, ein Impressum in den einschlägigen Portalen vorzuhalten.

XING hat hier schnelles Reaktionsvermögen bewiesen und bereits Anfang August die optische Gestaltung des Impressums an die Anforderungen des Landgerichts Stuttgart weitestgehend angepasst.

Kommentar von Thomas Reiche |

Wie verhält es sich bei privaten XING Profilen, die nicht bei Google zu finden sind und nur von XING Mitgliedern eingesehen werden dürfen? Hat bzw. kann XING das nicht in den AGB regeln?

Antwort von Katja Rengers

Hallo Herr Reiche,
bei privaten Xing-Profilen muss grundsätzlich kein Impressum vorgehalten werden, da diese nicht geschäftsmäßig genutzt werden – ganz egal, ob über Google auffindbar oder nur für Mitglieder sichtbar. 
Ob das Xing-Profil im speziellem Einzelfall wirklich privat und nicht geschäftlich genutzt wird, war genau der Dreh- und Angelpunkt bei den gerichtlichen Auseinandersetzungen in Stuttgart, Dortmund und München. Hier bejahten die Richter zu schnell eine gewerbliche und somit geschäftsmäßige Nutzung der (teilweise privat genutzten) Xing-Profile. Außerdem gingen die Richter davon aus, das einzelne Personenprofil sei eine eigenes Telemedium im Sinn des § 5 TMG. Deswegen sei die Gestaltung des Xing-Profils und die Umsetzung der rechtlichen Vorgaben vom jeweiligen Profilinhaber zu verantworten, da er ausreichend Einfluss auf die Seitengestaltung seines Profils habe. Dagegen könnte wohl auch ein Passus in den AGBs des jeweiligen Plattformbetreibers (Xing, LinkedIn,…) nicht ankommen, da die Landgerichte die Impressumspflicht eindeutig in die Hände der Profilinhaber legten. 
Allerdings kann nun aufgeatmet: Das OLG Stuttgart (20. November 2014, Az.: 2 U 95/14) hat nun entschieden, dass das einzelne Xing-Profil kein eigenes Telemedium darstellt. Realitätsnah erkennt das OLG Stuttgart also, dass der Profilnutzer nur eingeschränkten Gestaltungsspielraum auf der Plattform Xing hat und somit auch keiner Impressumspflicht unterliegt.

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