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Die EU- Designrechtreform: Wichtige Neuerungen der Designrechte

Rechtsanwältin Timea Müller: Die EU- Designrechtreform: Wichtige Neuerungen der Designrechte
Foto: Eric Kemnitz

Da ist sie endlich! Die Designrechtsreform!

Seit dem 23.10.2024 gilt in der Europäischen Union eine umfangreiche Reform des Designrechts, die sowohl die Designrichtlinie (2024/2823 - Design-RL) als auch die Designverordnung (2024/2822 - UDV) erfasst. Ziel der Änderungen ist es, den Designschutz in der EU zu modernisieren und zu vereinfachen.

Eine wichtige sprachliche Neuerung betrifft die Bezeichnung. Auf Unionsebene verliert das Schutzrecht (endlich) seinen umständlichen Namen "Gemeinschaftsgeschmacksmuster" und heißt künftig "Design" oder "Unionsdesign".

1. Erweiterungen im Schutzbereich: Neue Definitionen und digitale Innovationen

Eine der wichtigsten Neuerungen betrifft die Erweiterung des Schutzbereichs von Designs. Sowohl der Begriff „Design“ als auch der Begriff „Erzeugnis“ werden neu definiert. Während sich am Kern der Definitionen nicht viel ändert, werden nun auch neue Erscheinungsformen - wie dynamische, fließende oder rein digitale Darstellungen von Design - erfasst, so dass künftig auch Bewegungen, Zustandsänderungen oder andere Formen der Animation unter den Schutz fallen können.

Der Begriff „Design“ wird definiert als „die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich aus den Merkmalen, insbesondere den Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur, den Werkstoffen des Erzeugnisses selbst und/oder seiner Verzierung ergibt, einschließlich der Bewegung, der Zustandsänderung oder einer anderen Art der Animation dieser Merkmale“

Dass künftig nicht nur körperliche, sondern auch rein digitale Objekte erfasst werden, wird insbesondere die Zuordnung von Objekten im Metaverse oder von NFTs erleichtern. Computerspiele bleiben hingegen explizit ausgenommen.

Hinzu tritt die Erweiterung des Begriffs „Erzeugnis“, welcher nunmehr „jeden industriellen oder handwerklichen Gegenstand, ausgenommen Computerprogramme, unabhängig davon, ob er in einem physischen Objekt verwendet wird oder eine nicht physische Form annimmt, einschließlich: [...]“ erfasst.

Auch die Darstellungsmöglichkeiten haben sich endlich dem 21. Jahrhundert angepasst. Nach Art. 26 Abs. 1 der Design-RL ist das Design in einer beliebigen Form visuell darzustellen. Die Wiedergabe kann nicht nur statisch, sondern auch dynamisch oder animiert sein. Neben der Möglichkeit von Zeichnungen und Fotografien werden Videos, Computerbildgebung und -modellierung ausdrücklich erwähnt. Die Mitgliedstaaten sind angehalten, gemeinsam mit dem EUIPO weitere Vorgaben, insbesondere hinsichtlich der Art und Anzahl der verwendeten Ansichten festzulegen.

Neben der großartigen Möglichkeit für Anmelder, nun auch Wiedergaben in Form von Videos einreichen zu können, stellt dies zukünftige Anmelder jedoch zunächst vor Herausforderungen. Unklar ist zum einen, wie weit der Schutz des einzelnen Erzeugnisses reicht und wie sich die einzelnen Schutzgegenstände zueinander verhalten, insbesondere, ob eine dynamische Darstellung Eigenart gegenüber und somit auch Schutz für jede statische Darstellung desselben Erzeugnisses begründet.

2. Neue Schrankenregelung

Neben den Schutzbereichserweiterungen wurden auch weitere Schrankenregelungen aufgenommen. Diese bestimmen, wann ein Dritter das Design ohne Zustimmung des Inhabers benutzen darf - insbesondere eine neue Reparaturklausel, die für eine Harmonisierung im Ersatzteilmarkt sorgen soll.

Eine solche Klausel kennen wir bereits aus Deutschland. Seit 2022 ist der §40 a im Designgesetz ergänzt worden, und wurde seinerzeit ebenfalls scharf kritisiert. Alle anderen Mitgliedsstaaten haben nun 8 Jahre Zeit, diese Klausel umzusetzen.

Die Klausel ermöglicht es Herstellern von Ersatzteilen, geschützte Designs für die Herstellung und den Vertrieb von sog. must-match-Ersatzteilen zu verwenden, die durch ein eingetragenes Design geschützt sind. Voraussetzung ist, dass es sich um ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses handelt und das Design von der Erscheinungsform des komplexen Erzeugnisses abhängt („must-match“).

Die Klausel stellt nun endlich klar, dass nur formgebundene und gerade nicht formungebundene Bauteile von ihr erfasst werden, ist aber nach wie vor höchst umstritten. Kritiker sehen darin eine Aushöhlung des Schutzrechts.

Die Einführung der Reparaturklausel wurde maßgeblich durch den europäischen Green Deal vorangetrieben, der darauf abzielt, den Rohstoffverbrauch zu reduzieren und Abfälle zu minimieren, um so der Klimakrise entgegenzuwirken und mehr Nachhaltigkeit zu schaffen. Ziel der Klausel ist es, den Wettbewerb im Ersatzteilmarkt zu stärken und damit Reparaturen und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Ob dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, wird die Zukunft zeigen.

3. Änderungen im Formalrecht und Gebührenwesen

Auch im Hinblick auf die „Formalia“ ergeben sich einige Änderungen:

Zum einen wurde das „one class“-Erfordernis abgeschafft. Bisher mussten alle Designs einer Sammelanmeldung in derselben Lucarno-Klasse angemeldet werden. Damit können Anmelder künftig von den erheblichen Ermäßigungen für Sammelanmeldungen profitieren, die ihnen bisher nicht zugänglich waren.

Auch die bisherige Gebührenstruktur für das Unionsdesign wurde geändert. Die Anmelde- und Eintragungsgebühren wurden zu einer einzigen Gebühr zusammengefasst, was das System erheblich vereinfacht. Außerdem wurden die Gebühren für Sammelanmeldungen erheblich gesenkt, während die Verlängerungsgebühren deutlich erhöht wurden. Diese Anpassungen sollen dazu beitragen, das Register auf dem neuesten Stand zu halten und es von „Karteileichen“ zu befreien.

4. Auswirkungen der 3D-Drucktechnologie

Der europäische Gesetzgeber hat ebenfalls die Gelegenheit genutzt, eine weitere Schutzlücke im Zusammenhang mit 3D-Drucktechnologien zu schließen. Die bisherigen Regelungen reichten nicht aus, um einen umfassenden Schutz zu gewährleisten. So stellte das bloße Versenden von Dateien an Verbraucher, die damit ein designverletzendes Erzeugnis im Druckverfahren herstellen, keine Verletzungshandlung dar, da die Erscheinungsform des Designs nicht unmittelbar benutzt wurde. Diese Lücke soll künftig geschlossen werden, indem auch „das Erstellen, Herunterladen, Kopieren sowie das Teilen oder Verbreiten von Medien oder Software, mit denen das Design aufgezeichnet wird, um die Herstellung eines [designverletzenden] Erzeugnisses zu ermöglichen“, verboten werden kann.

Im Grundsatz handelt es sich um eine sinnvolle Regelung, da Verbraucher nicht für schwer zu erreichbare digitale Verbreiter haftbar gemacht werden können. Die rein private, nicht-kommerzielle Nutzung von Designs bleibt weiterhin erlaubt. Allerdings bleibt unklar, was genau unter „das Design aufzeichnen“ zu verstehen ist. Vermutlich wollte der Gesetzgeber „designverletzende“ Software von anderer Software (z.B. Druckertreibersoftware) abgrenzen. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte diesen Begriff im Einzelnen auslegen werden.

5. Was es sonst noch so gibt

Art. 24 Design-RL und Art. 26 a UDV sehen für das eingetragene nationale Design und das eingetragene Unionsdesign die Möglichkeit vor, das Design mit einem „D im Kreis“ Ⓓ als Eintragungssymbol zu verwenden.  Dritte sollen so – parallel zum „R im Kreis“ ® bei eingetragenen Marken – auf bestehende Schutzrechte aufmerksam gemacht werden. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieses Symbol in der Praxis durchsetzen wird.

Eine weitere Neuregelung findet sich in Art.16 Abs. 3 der Design-RL und Art. 19 Abs. 3 der UDV zu finden, die eine an das Markenrecht abgestimmte Transitregelung betrifft. Diese Regelung korrigiert die bisher eher verletzerfreundliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Künftig kann die Durchfuhr rechtsverletzender Produkte durch das Hoheitsgebiet der EU solange untersagt werden, bis der Durchführende nachweist, dass dem Designinhaber im endgültigen Bestimmungsland keine Unterlassungsansprüche zustehen.


Fazit: Ein erster Schritt in die Zukunft des Designrechtes

Die EU-Designrechtsreform stellt einen bedeutenden Fortschritt im Bereich des Designschutzes dar. Die Änderungen eröffnen Designinhabern neue Möglichkeiten ihre Designs zu schützen, erweitern ihre Rechte und schaffen mehr Rechtssicherheit innerhalb der EU. Bei der Entwicklung von Design- und Anmeldestrategien sollten jedoch auch die neuen Schutzschranken, insbesondere die Reparaturklausel, berücksichtigt werden. Es ist daher unerlässlich, sich mit den neuen Regelungen vertraut zu machen, die noch ausstehenden Spezifikationen des Gesetzgebers im Auge zu behalten und die eigenen Designschutzstrategien entsprechend anzupassen.

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