Die Mindestlohnkommission hat über eine Anpassung des Mindestlohns beraten und sich dabei einstimmig für eine Erhöhung des Mindestlohns ausgesprochen. Ab dem 1. Januar 2017 wird der Mindestlohn von 8,50 Euro auf 8,84 Euro angehoben. Die unten beschriebenen Ausnahmen, zum Beispiel für Auszubildende, bleiben unverändert bestehen.
Was tun? Wir empfehlen:
Arbeitgeber sollten rechtzeitig Nachträge zu bestehenden Arbeitsverträgen vorbereiten.
Werden Arbeitsverträge neu abgeschlossen, sollte eine Steigerung der Vergütung mit Wirkung ab dem 01.01.2017 vereinbart werden.
Arbeitgeber sollten rechtzeitig die Abrechnungsdaten der Lohnabrechnung aktualisieren, damit es zum Jahreswechsel keine Umstellungsprobleme gibt.
Arbeitnehmer sollten darauf achten, dass ihr Arbeitgeber die Erhöhung berücksichtigt. Weigert sich der Arbeitgeber, den erhöhten Mindestlohn zu zahlen, sollten Vergütungsansprüche unverzüglich geltend gemacht werden. Viele Arbeitsverträge enthalten sogenannte Ausschlussfristen, die unbedingt beachtet werden sollten.
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Anwendungsbereich, Berechnung und seine Auswirkungen auf die arbeitsrechtliche Praxis
Ganz neu ist der Mindestlohn nicht. Nachdem bereits in 21 EU-Mitgliedsstaaten ein Mindestlohn gilt, muss dieser seit dem 1. Januar 2015 in Höhe von 8,50 Euro brutto/Stunde in Deutschland gezahlt werden. In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, für welche Arbeitnehmer der Mindestlohn gezahlt werden muss und welche Gehaltsbestandteile bei der Berechnung berücksichtigt werden.
Mindestlohn und Vergütungsbestandteile
Der gesetzliche Mindestlohn stellt einen „Mindestentgeltsatz“ im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes dar. Damit sind Zahlungen, die ein Arbeitnehmer als Ausgleich für zusätzliche Leistungen erhält, auf den Mindestlohn nicht anrechenbar.
Stücklöhne und Akkordlöhne sind zulässig, wenn gewährleistet ist, dass der Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden erreicht wird. Da die Interessenlage bei Umsatzbeteiligungen vergleichbar ist, ist davon auszugehen, dass diese Möglichkeit übertragbar ist. Garantielohn und Prozentlohn zusammen müssten daher die 8,50 Euro erreichen.
Auf den Mindestlohn anrechenbar sind zum Beispiel:
monatlich feste Zulagen für Mehrarbeit, fixe Zuschläge
Trinkgelder, da auf sie kein Anspruch besteht und sie sich auch nicht im Voraus kalkulieren lassen
Vermögenswirksame Leistungen, da sie dem Arbeitnehmer erst in der Zukunft zur Verfügung stehen
Aufwandsentschädigungen (z.B. Fahrtkosten, Kleidergeld), weil mit ihnen ein besonderer Aufwand abgegolten wird
Damit das Einhalten der Entgeltgrenze überprüfbar ist, trifft den Arbeitgeber eine besondere Dokumentationspflicht. Es besteht eine besondere Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeiten, insbesondere gilt diese für Minijobber und bestimmte Branchen, die besonders anfällig für Schwarzarbeit sind, darunter das Baugewerbe, der Transportbereich, die Gastronomie und Hotellerie. Einzelheiten hierzu werden wir in einem Folgebeitrag vorstellen.
Personeller Anwendungsbereich
Der Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle in Deutschland tätigen Arbeitnehmer. Vereinbarungen, die den entstandenen Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind somit unwirksam – die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen (§ 3 MiLoG). Die Einhaltung des Mindestlohns wird von der Zollverwaltung von Amts wegen geprüft, so dass eine Nichtzahlung ein Bußgeldrisiko birgt.
Ausnahmen für bestimmte Arbeitnehmer
Einige Personengruppen sind vom Mindestlohngesetz – teilweise nur zeitlich begrenzt – ausgenommen.
Auszubildende und Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung (§ 22 II MiLoG) und ehrenamtlich Tätige (§ 22 III Alt. 2 MiLoG)
Langzeitarbeitslose, die unmittelbar vor der Beschäftigung mind. 12 Monate arbeitslos waren; hier ist der Mindestlohn erst ab dem 7. Monat zu zahlen;
Vier Gruppen von Praktikanten sind vom Mindestlohn ausgenommen:
Pflichtpraktika auf Grundlage einer hochschulrechtlichen Bestimmung, Ausübungsordnung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer Berufsakademie;
Praktikum vor Ausbildungsbeginn/zu Orientierungszwecken für max. 3 Monate
nichtvorgeschriebenes, begleitend zur Berufs-/Hochschulausbildung absolviertes Praktikum für max. 3 Monate
Grundsätzlich sind nach § 24 I 1 MiLoG für alle Branchen branchenbezogene Abweichungen vom Mindestlohn bis zum 31. Dezember 2017 möglich. Voraussetzung dafür ist ein allgemein verbindlicher Branchenmindestlohn nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Der Mindestlohn gilt ab 1. Januar 2015 auch für Saisonarbeiter. Allerdings wird die bestehende Möglichkeit der kurzfristigen sozialabgabenfreien Beschäftigung von 50 auf 70 Tage ausgedehnt (befristet auf vier Jahre). Für Zeitungszusteller gibt es eine besondere gesetzliche Übergangsregelung.
Eine Mindestlohnkommission wird alle zwei Jahre über eine Anpassung des Mindestlohns beraten und sich dabei insbesondere an der Tariflohnentwicklung der letzten zwei Jahre orientieren. Die erste Anpassung ist für den 1. Januar 2017 vorgesehen – wir halten Sie über alle Entwicklungen auf dem Laufenden.
Was tun? Wir empfehlen:
Die sanktionslose Unterschreitung des Mindestlohns ist wegen der Dokumentations- und Meldepflichten nahezu ausgeschlossen. Deshalb empfehlen wir Ihnen, die rechtlichen Risiken durch proaktives, mit Ihren rechtlichen Beratern abgestimmtes Handeln zu minimieren.
Lassen Sie sich von Ihren Nachunternehmern (Subcontractors) schriftlich bestätigen, dass diese die Vorschriften des Mindestlohngesetztes einhalten.
Insbesondere im Niedriglohnbereich empfehlen wir die schnellstmögliche Prüfung bestehender Arbeitsverträge.
Sind bestehende Arbeitsverträge anzupassen und scheitert eine einvernehmliche Lösung, sollte die Möglichkeit einer Änderungskündigung geprüft werden.
Bei der Anpassung von Vergütungsmodellen auf die aktuelle Rechtslage unterstützen wir Sie gern!