Ratschläge zum Umgang mit politisch brisanten Veranstaltungen in Zeiten der *gida-Bewegungen
Im Frühjahr vor drei Jahren fällte der unter anderem für das Grundstücksrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 09.03.2012 - V ZR 115/11) ein viel beachtetes Urteil zur Ausübung des Hausrechts durch den Betreiber eines renommierten Wellnesshotels.
Damals klagte der Bundesvorsitzende der NPD gegen ein Wellnesshotel, das ihm und seiner Ehefrau den Aufenthalt verweigerte. Als Begründung führte das Haus an, die politische Überzeugung des Klägers sei nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren, allen Gästen ein Wohlfühlerlebnis zu bieten. Der BGH sah es als gerechtfertigt an, dem wirtschaftlichen Risiko für das Geschäftskonzept des Hotels durch Verweigerung des Zutritts entgegenzuwirken.
Die BGH-Entscheidung wurde zwar verständlicherweise von vielen Hoteliers als Schritt in die richtige Richtung begrüßt, vor allem in der juristischen Fachliteratur fanden sich jedoch auch durchaus kritische Stimmen, die gute Argumente gegen die Urteilsbegründung des BGH anführten.
Der Themenkomplex bleibt weiterhin aktuell, und könnte insbesondere durch die jüngsten lokalpolitischen Entwicklungen (z.B. Pegida, Kögida, Bagida), die den umstrittenen Initiatoren schnell zu überregionaler Bekanntheit verhelfen, weiter an Brisanz gewinnen. Vor drei Jahren ließ sich noch trefflich streiten, welche Hotels überhaupt in die Kategorie „Wellnesshotel“ fallen bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Hotel mit seinem Konzept nach außen erkennbar einen bestimmten Kundenkreis anspricht und daher andere ausschließen darf. So schrieb Prof. Gurlit in ihrem Aufsatz „Hotelverbot für Rechtsextremisten“ in der Neuen Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (NZG) 2012:
„…Dass mit dem Betrieb eines Wellnesshotels „erkennbar“ nur ein eingeschränkter Personenkreis angesprochen werden soll, zudem aus der Sicht potenzieller Gäste „klar zutage“ trete, der Hotelbetreiber wolle sich eine individuelle Entscheidung über die Gestattung des Zutritts vorbehalten, ist schon in Ansehung des Umstands, dass heute kaum noch ein Hotel auf das Werben mit Wellness-Angeboten verzichtet, eine höchst gewagte Annahme. Hinzu kommt, dass nicht einmal alltagssprachlich, geschweige denn rechtlich, eine Übereinkunft darüber besteht, was ein Wellnesshotel und damit auch den umworbenen Kundenkreis auszeichnet.“
Heute lassen sich die selbsternannten Patrioten teilweise jedoch nicht so einfach in das rechtsextreme politische Spektrum einordnen wie der damalige Bundesvorsitzende der NPD in dem Fall, den der BGH entschieden hatte. Nachfolgend einige Überlegungen, die Hoteliers zum Thema „Ausübung des Hausrechtes“ berücksichtigen sollten.
Zeitpunkt der Absage ist entscheidend
In der eingangs genannten BGH-Entscheidung wurde es schulbuchmäßig erklärt: Grundsätzlich steht dem Hotelier das Hausrecht als Ausfluss des Grundstückseigentums oder -besitzes (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB) und der Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) zu. Dieses ermöglicht es ihm, frei darüber zu entscheiden, wem er Zutritt gestattet und wem nicht. Eine vertragliche Bindung des Hausrechtsinhabers oder auch eine Öffnung der Örtlichkeit für den allgemeinen Publikumsverkehr können aber dazu führen, dass der Hotelier in der Ausübung des Hausrechts beschränkt ist.
Ergo: wer bereits im vorvertraglichen Bereich den „Braten riecht“ und entsprechend reagiert, kann sich einigen Begründungsaufwand und Ärger ersparen. Wer sich bereits versehentlich an einen unliebsamen Gast vertraglich gebunden hat, sollte prüfen, ob er auf anderem Wege den Vertrag lösen kann – denkbar wären Anfechtung oder Kündigung, jedoch ist auch hier jeweils ein Grund anzugeben.
Gesamtausrichtung des Hauses berücksichtigen
Auch ein Haus, das sich erkennbar dem allgemeinen Publikumsverkehr öffnet und dadurch seine Bereitschaft zu erkennen gibt, generell und unter Verzicht auf eine Prüfung im Einzelfall jedem den Zutritt zu gestatten, der sich im Rahmen des üblichen Verhaltens bewegt, ist laut dem BGH in der Ausübung des Hausrechts eingeschränkt. Zwar darf auch dann laut dem BGH „die Befugnis zum Aufenthalt nach außen hin erkennbar an rechtlich zulässige Bedingungen“ geknüpft werden – sind diese erfüllt bzw. werden Bedingungen nicht für den Kundenkreis erkennbar aufgestellt, kann ein Hausverbot nur noch dann ausgesprochen werden, wenn ein sachlicher Grund vorliegt.
Hat ein Gast zum Beispiel nachweisbar bei früheren Aufenthalten Schaden angerichtet oder Unruhe unter den anderen Hotelgästen gestiftet, kann ein Hausverbot sachlich gerechtfertigt sein. Reine Mutmaßungen, vage Verdachtsmomente und Befürchtungen dürften jedoch als Rechtfertigung in der Regel nicht ausreichend sein.
Hotelkonzept verständlich machen und kommunizieren
Verfolgt das Hotel ein bestimmtes Konzept und ergeben sich hieraus sachlich gerechtfertigte Einschränkungen bei der Verfügbarkeit für die Gäste, sollte dieses Konzept gut verständlich kommuniziert und begründet werden. Zu denken ist an das Beispiel des einst kinderfreundlichen Hotels, welches im Folgejahr die Klientel auf Ü15 beschränkte, da es sich als Ruhe- und Wellnesshotel neu ausgerichtet hatte („Kinderverbot“-Entscheidung des LG Hannover, Urteil vom 23.1.2013, 6 O 115/12).
Diskriminierungsverbote beachten
Eine Benachteiligung der Gäste bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse im zivilrechtlichen Massengeschäftsverkehr aus Gründen
der Rasse,
der ethnischen Herkunft,
des Geschlechts,
der Religion,
einer Behinderung,
des Alters oder
der sexuellen Identität
ist gemäß § 19 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) unzulässig, es sei denn, es liegt ein sachlicher Grund vor, der die Benachteiligung rechtfertigt. Sachliche Gründe, die eine Benachteiligung rechtfertigen, können insbesondere gemäß § 20 AGG die Vermeidung von Gefahren, die Verhütung von Schäden oder der Schutz der Intimsphäre sein.
Die Ausrichtung des Hotels auf ein nachvollziehbares Konzept kann ebenfalls ein sachlicher Grund sein, der eine Benachteiligung einzelner Gäste rechtfertigt (vgl. das Urteil des LG Hannover weiter oben).
Das Diskriminierungsverbot aus §§ 19, 20 AGG erstreckt sich jedoch nicht auf politische Überzeugungen, weswegen der BGH das Hausverbot für den damaligen NPD-Vorsitzenden nicht auch an diesem Maßstab messen musste. Für fremdenfeindliche, fundamentalistische oder sonst radikale politische Bewegungen dürften die gleichen Maßstäbe gelten.
Streisandeffekt vermeiden
Der Vorsitzende der Bugida* („Buxtehude gegen die…“) hat heimlich, still und leise (also online) zwei Tage Beherbergung und Verpflegung in Ihrem Haus gebucht. Und nun?
Wir empfehlen, die Rahmenbedingungen zu betrachten und abzuwägen. Werden andere Gäste ihn überhaupt erkennen und Anstoß an seinem Aufenthalt nehmen? Wird sein Aufenthalt einen Rattenschwanz an anderen Personen, die die Abläufe im Hotel oder die anderen Gäste stören, nach sich ziehen? Sind Presse, Funk und Fernsehen zu erwarten? Wird es einen Shitstorm in sozialen Netzwerken geben? Befinden sich zur Zeit der Übernachtung andere Personen im Haus, die besonders schutzbedürftig sind?
Ist das nicht der Fall, sollte man gut abwägen, ob man eine Auseinandersetzung sucht und damit gegebenenfalls erst den Plot für eine medial wirksame Darstellung liefert.