booking.com: Der lange Weg zur Marke

Inhaltsverzeichnis

„It seems like such a stretch that one of the largest travel companies in the world can’t get its trademark approved.“ (Dennis Schaal, Gründer und Chefredakteur der touristischen Fachzeitschrift „Skift“)

Jahrelang lieferten sich die Verantwortlichen der Priceline Group und Inhaber mehrerer großer Marken, darunter unter anderem BOOKING.COM, mit dem US-Marken- und Patentamt, dem United States Patent and Trademark Office, USPTO, einen intensiven Rechtsstreit um die Eintragungsfähigkeit der Marke BOOKING.COM.

Das letzte Wort hatte Anfang August 2017 allerdings der District Court for the Eastern District of Virginia – in seinem Urteil sprach er BOOKING.COM nach etlichen Anträgen letztendlich die Eintragungsfähigkeit für die beantragte Marke zu.

Booking.com: Der lange Weg bis zur Markeneintragung

Von der Idee zur Marke: Wie die Markeneintragung in den USA funktioniert

Das US-Markenrecht hat seine primäre Rechtsquelle im sogenannten Lanham Act von 1946. Dort wird auch umschrieben, was unter dem Begriff „Marke“ zu verstehen ist:

„(…)any word, name, symbol, or device, or any combination thereof(…)“ ( 15 U.S.C. § 1127)

Ist ein Name für die Marke gefunden, muss der Antrag durch Nennung einer entsprechenden Markenklasse (im Falle von BOOKING.COM sind das Klasse 39 und 43) klassifiziert werden.

Class 39 Class 43
Travel agency services, namely, making reservations for transportation; travel and tour ticket reservation services; travel agency services, namely, making reservations for transportation for tourists; provision of travel information; providing consultation related to making reservations for transportation, and travel and tour ticket reservation; all of the foregoing services rendered in-person and via the internet. Making hotel reservations for others in person and via the internet; providing personalized information about hotels and temporary accommodations for travel in person and via the Internet; providing on-line reviews of hotels; consultation services related to making hotel reservations for others, provision of personalized information about hotels and temporary accommodations for travel, and on-line reviews of hotels.

Rückblick: Das bisherige Verfahren innerhalb des USPTO – der lange Weg durch die Instanzen

Am 01. Dezember 2011 ließ sich BOOKING.COM erstmals in das amerikanische Markenregister eintragen. Um die Marke auch international schützen zu lassen, wurde am 05. Juni 2012 eine Markeneintragung in das Madrider Protokoll vorgenommen, gefolgt von zwei weiteren am 07. November 2012. Am 28. November 2012 wurde die Eintragung innerhalb des amerikanischen Markenregisters allerdings widerrufen: Das USPTO stufte die Marke BOOKING.COM als einen „generic term" für ihre Markenklasse ein. Damit war die Marke nicht eintragungsfähig. Aus den gleichen Gründen wurden anschließend auch die Eintragungen im Madrider Protokoll gelöscht. BOOKING.COM legte dagegen Widerspruch beim USPTO ein. Die Begründung: BOOKING.COM habe mittlerweile eine starke Wiedererkennungs- und Unterscheidungskraft innerhalb der Gesellschaft entwickelt. Die Voraussetzungen der „trademark distinctiveness" und des „secondary meaning“ wurden nach der Auffassung BOOKING.COMs somit erfüllt. Die Behörde lehnte den Widerspruch ab, erneut mit der Begründung, der Begriff BOOKING.COM stelle in seiner Markenkategorie einen „generic term" dar und sollte diese Ansicht jedoch nicht zutreffen, so handele es sich bei der Marke aber in jedem Fall um die bloße Beschreibung der Tätigkeit der Website. Ein zusätzliches „secondary meaning“ könne somit nicht nachgewiesen werden.

BOOKING.COM legte dagegen wiederum beim zuständigen Trademark Trial and Appeal Board (TTAB), einem Organ des USPTO, Berufung ein. Der Berufung wurde zunächst stattgegeben. Im weiteren Verlauf wurde sie jedoch wieder abgelehnt. Zwar schlussfolgerte das TTAB, dass „booking.com“ als Begriff nicht in einen grammatikalisch schlüssigen Zusammenhang mit anderen Diensteanbietern gebracht werden könne, dennoch soll es sich bei dem Begriff „booking.com“ um einen Gattungsbegriff, also einen „generic term" handeln. Einen Beweis dafür, dass seit dem Bestehen von BOOKING.COM andere Unternehmen ihre Dienste unter dem Begriff „booking.com“ auch tatsächlich angeboten haben, konnte die TTAB allerdings nicht liefern. Warum die Interpretation des Begriffs so unterschiedlich ausfällt, verrät die Vorgehensweise der Behörden: Das USPTO selbst, aber auch das TTAB trennten bei ihrer Analyse den Markennamen in „booking“ und „.com“ auf. Daraus ergab sich die Schlussfolgerung, der Verbraucher würde darin einen „generic term“ für alle Internetseiten sehen, die mit Reisebuchungen zu tun haben. Dass „booking“ umgangssprachlich aber auch „cool“ oder „abhauen“ bedeuten kann, wurde in der Entscheidung nicht berücksichtigt. Durch das Aufteilen von BOOKING.COM in seine einzelnen Wortbestandteile wurde der durch die Rechtsprechung gebildete Grundsatz der Gesamtbetrachtungsweise nicht berücksichtigt und die Beurteilung in eine absurde Richtung gelenkt.

„The commercial impression of a trademark is derived from it as a whole, not from its elements separated and considered in detail. For this reason, it should be considered in its entirety (...)“ (Estate of P.D. Beckwith, Inc. v. Commissioner of Patents, 252 U.S. 538 (1920)

So führte das TTAB als relevanten Beweis für die Gattungsmäßigkeit des Begriffs an:

„The examining attorneys have previously provided a substantial weight of evidence indicating the competitive necessity and use by others of the term BOOKING as a generic term for a reservation, or the making of a reservation. There are, further, numerous instances of the use of BOOKING and .COM utilized by competitors in their own website names offering similar and identical services: (..) – www.instantworldbooking.com“.

Als Antwort auf dieses nicht allzu starke Argument verlegte sich BOOKING.COM auf Ironie:

„The only purported „evidence“ of genericness cited by the TTAB consisted of lengthy character strings of third party domain names, such as „instantworldbooking.com“ in which one must hunt to find the characters „b-o-o-k-i-n-g-.-c-o-m“, much like playing a children’ s game of word finder.“

Seit der Entscheidung des United States Court of Appeals for the Second Circuit 1976 werden Marken in den USA vor allem nach ihrer Unterscheidungskraft, der sogenannten „trademark distinctiveness" in vier Kategorien eingeteilt. Die Unterscheidungskraft ist neben anderen Voraussetzungen für die Eintragungsfähigkeit relevant.

  • Arbitrary and fanciful trademarks: Zwischen Markenname und Produkt beziehungsweise dem Service besteht keinerlei Zusammenhang (zum Beispiel Apple als Hard- und Softwarehersteller). Diese Gruppe kann meist problemlos (prima facie) in das Markenregister eingetragen werden.
  • Suggestive trademarks: Ein gewisser Bezug zwischen Marke und Produkt wird angedeutet, ohne dabei das angebotene Produkt konkret zu umschreiben (zum Beispiel Whirlpool als Waschmaschinenhersteller).
  • Descriptive trademarks: Der Markenname ist nur dann markenfähig, wenn ihr das sogenannte „secondary meaning“, also eine gewisse Wiedererkennungsfähigkeit innerhalb der Gesellschaft, zugeschrieben werden kann.
  • Generic terms: Fällt ein Begriff in diese Kategorie, ist die Marke nicht eintragungsfähig. Gattungsbegriffe wie beispielsweise „Tier“ oder „Gemüse“ lassen sich nicht zum Markennamen in ihrer entsprechenden Markenklasse machen, hingegen können sich Markennamen aufgrund großer Popularität durchaus zu einem „generic term“ entwickeln (zum Beispiel Kleenex, Jeep, Photoshop oder Frisbee).

Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen in der Regel zwischen den suggestive und descriptive trademarks sowie zwischen den descriptive trademarks und den generic terms. Seit dem 02. November 2003 besteht auch für Markenrechtsinhaber innerhalb der USA die Möglichkeit, mit dem Eintragen in das Madrider Protokoll internationalen Schutz zu erlangen. Die Anmeldung erfolgt beim zuständigen nationalen Markenamt. Ausschlaggebend für eine Eintragung ist hierbei das Markenrecht des jeweiligen Mitgliedsstaates, im Falle von BOOKING.COM das Markenrecht der USA.

 

Die Entscheidung zur Markeneintragung von Booking.com

Dem schloss sich im Ergebnis auch der District Court for the Eastern District of Virginia an, nachdem BOOKING.COM gegen die Entscheidung des TTAB Klage erhoben hatte. Um „secondary meaning“ bei „descriptive trademarks" festzustellen, begutachten US-Gerichte zumindest im Bereich des „United States Court of Appeals for the Fourth Circuit“ die Marke anhand der „Perini-Faktoren“ aus der Entscheidung Perini

Markeneintragung Perini Faktoren
Perini-Faktoren

Zu diesen sechs Faktoren zählen der Werbeaufwand, Verbraucherumfragen, der Verkaufserfolg, die Medienberichterstattung über die Marke, Plagiatsversuche und zuletzt die Länge und Ausschließlichkeit der Nutzung des Markennamens. BOOKING.COM legte bereits im Berufungsverfahren dem TTAB entsprechende Beweise vor, die nun vor dem US-Gericht entsprechend gewürdigt wurden. So konnte BOOKING.COM beweisen, mehrere Millionen US-Dollar in Werbung investiert zu haben, die über die Jahre von mehr als 100 Millionen Amerikanern gesehen wurde. Eine groß angelegte Verbraucherumfrage zeigte zudem, dass 75% der Befragten BOOKING.COM als Marke und nicht als einen allgemeinen Begriff wahrnahmen. Zu dem Umsatz von mehr als 8 Milliarden Dollar im Jahr 2013 stellte die vorsitzende Richterin Brinkema fest:

„Plaintiff’s public filings reflect that its U.S. customers conduct billions of dollars’ worth of transactions each year(…) which is substantially higher than the sales success in other cases where courts in this Circuit have found secondary meaning“.

Ein hoher Bekanntheitsgrad geht oft mit einer großen Medienresonanz einher. In den Jahren 2015 und 2016 wurden mehr als 550 Meldungen in den USA über BOOKING.COM veröffentlicht. 11 Jahre Nutzung des Markennamens BOOKING.COM waren auch für das Gericht eine ausreichend lange Zeit, um den sechsten Perini-Faktor als erfüllt anzusehen. Zwar konnte BOOKING.COM keinen Beweis für Plagiatsversuche der Marke vorlegen, die Faktoren müssen aber laut Rechtsprechung nicht kumulativ vorliegen. Das Gericht war von der Beweisführung überzeugt und sprach BOOKING.COM schließlich „secondary meaning“ zu – allerdings nur für die Markenklasse 43. Zwar bestätigte das Gericht, dass der Begriff „booking“ für diese Markenklasse einen „generic term“ darstellt, weil „booking“ aber mit der TLD „.com“ ergänzt wurde schlussfolgerte das Gericht:

„(…) a generic SLD combined with a TLD creates a descriptive mark that is eligible for protection (only upon a showing of acquired distinctiveness).“

In dieser Folge gab das Gericht der Klage von BOOKING.COM statt, bestätigte die Eintragungsfähigkeit der Marke für die Markenklasse 43 in das Markenregister der USA und beendete damit den fünf Jahre langen Kampf um die Markeneintragung.

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